Was ist auf dem Video zu sehen? Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hat sich einen Monat nach seinem Aufstand gegen Moskaus Militärführung erstmals wieder persönlich zu Wort gemeldet. Laut unabhängigen belarussischen Medien sprach er in der Ortschaft Assipowitschy vor seinen Kämpfern und kündigte an, etwa auch in Afrika weiter im Einsatz zu sein. Der 62-Jährige zeigte sich dankbar, dass Belarus die Truppe nach dem Aufstand am 24. Juni «nicht nur wie Helden, sondern auch wie Brüder» aufgenommen habe.
Ist das Video echt? Die Aufnahme wurde bei Anbruch der Nacht gedreht, die Bildqualität ist schlecht. «Aber man sieht einen Mann, der aussieht wie Prigoschin und spricht wie Prigoschin», sagt Calum MacKenzie, Russland-Korrespondent von SRF. Es ist unklar, wann das Video gedreht wurde. Auf Satellitenbildern ist aber zu sehen, dass jüngst viele neue Truppen im mutmasslichen Wagner-Lager in Belarus angekommen sind. Das könnte ein Indiz für die Aktualität dieses Videos sein, schätzt MacKenzie.
Wer ist Dmitri Uktin? Der Wagner-Kommandant Dmitri Utkin stellt sich in dem Video als der «eigentliche Wagner» vor. Er selbst trägt den Übernamen Wagner und ist ein langjähriger Söldner. Utkin gilt als grosser Fan des deutschen Komponisten Richard Wagner, weshalb die Armee so heisst. «Er war im russischen Geheimdienst und ist auch ein notorischer Neonazi», sagt MacKenzie. «Er ist sozusagen der spirituelle Anführer der Wagner-Gruppe.»
Putin hatte zuvor versucht, Wagner zu spalten und bei einem Treffen im Kreml die Wagner-Offiziere gelobt. Währenddessen wurde Prigoschin in den russischen Medien diskreditiert. «Wenn Utkin und Prigoschin noch gemeinsam auftreten, scheint dieser Spaltungsversuch aber noch nicht funktioniert zu haben», so der Russland-Korrespondent.
Was macht die Wagner-Gruppe in Belarus? In den vergangenen Tagen hatte das Verteidigungsministerium in Minsk die Ankunft der Wagner-Kämpfer bestätigt. Dort sollen sie nun die belarussischen Streitkräfte ausbilden. «Wir werden einige Zeit in Belarus bleiben», sagte Prigoschin in dem Video. «Ich bin sicher, dass wir in dieser Zeit die belarussische Armee zur zweiten Armee der Welt machen werden», meinte er. Er selbst hält Wagner für die erste, also beste, Armee der Welt.
Was hat Russland vom «Wagner-Exil»? Die russische Regierung wolle Wagner in erster Linie wieder unter Kontrolle bringen, schätzt MacKenzie. «Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko ist ein Vasall Russlands und dort kann der Kreml Wagner gut im Auge behalten.» Langfristig scheine es Moskaus Ziel zu sein, die schlagkräftigen Wagner-Offiziere und Soldaten wieder für sich zu gewinnen und sie in die russische Armee zu integrieren – wohl ohne Prigoschin.
Was ist die Strategie des Kremls? Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bestätigte, dass Präsident Wladimir Putin Prigoschin und die Wagner-Anführer jüngst im Kreml getroffen hat. «Damit will er sagen, dass alles wieder stabil ist und man alles im Griff hat. Der Kreml hat aber bislang nicht wirklich erklären können, wie er mit Prigoschin umgehen will.» Zudem bleibt unklar, ob noch gegen diesen ermittelt wird. Gesichert ist nur, dass gegen Prigoschins Unternehmen vorgegangen wird. «Die Kommunikation mit dem Wagner-Anführer will der Kreml aber offenbar aufrechterhalten.»