- Am späten Montagabend sind die zwei verbliebenen Kandidaten, Aussenministerin Liz Truss und Ex-Finanzminister Rishi Sunak, in einem ersten TV-Duell gegeneinander angetreten.
- Im Rennen um die Nachfolge des scheidenden britischen Premierministers Boris Johnson nimmt der innerparteiliche Wahlkampf zwischen den beiden erbitterte Töne an.
- Im September entscheiden die Mitglieder der konservativen Tory-Partei darüber, wer von ihnen in die Downing Street 10 einzieht.
Zum Auftakt zeigten sich die beiden Kandidierenden streitlustig beim Thema, bei dem ihre Positionen am deutlichsten auseinanderliegen: der Finanzpolitik. Ist es statthaft, in der jetzigen Krise die Steuern zu erhöhen? Kein anderes Land tue das, sagte Aussenministerin Liz Truss.
Sie warf ihrem Gegner vor, er sei fixiert darauf, den Staatshaushalt ins Lot zu bringen. Hohe Steuern aber würden die Wirtschaft in eine Rezession stürzen. Sie versprach, die Schulden zu strecken, die in der Coronakrise aufgelaufen sind, um so die privaten Haushalte zu entlasten.
Andere Prinzipien beim Verschulden
Was Truss vorhabe, müsse mit mehr Inflation und höheren Zinsen teuer bezahlt werden, entgegnete Rishi Sunak. Der Sohn indischer Einwanderer und frühere Schatzkanzler stellte sich als Mann der konservativen Prinzipien dar. Dazu gehöre, dass man die Schulden zurückzahle und nicht den Kindern und Grosskindern übertrage.
Die einstündige Fernsehdebatte in Stoke-on-Trent führte von der Sicherheit in den Innenstädten über das britische Engagement an der Seite der Ukraine bis zur Frage des Verhältnisses zu Boris Johnson. Dieser war wegen seines lockeren Umgangs mit der Wahrheit Anfang Juli als Premierminister und Parteichef fallengelassen worden.
Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen
Sunak war eine der Hauptfiguren bei dem Aufstand gegen Johnson, während Aussenministerin Truss bis zuletzt zum exzentrischen Premier hielt. Das TV-Duell endete versöhnlich. Sie könnten sich sehr wohl vorstellen, in einer künftigen Regierung zusammenzuarbeiten, betonten beide zum Abschluss, und zollten sich gegenseitig Respekt.
Wer die Regierung leiten wird und zugleich die Partei, darüber entscheidet die konservative Basis im September. Gemäss Blitzumfragen schnitten in der Fernsehdebatte beide ähnlich gut ab.
China-Kurs gab schon im Vorfeld zu reden
Bereits im Vorfeld des TV-Duells war es zwischen den beiden Anwärtern für die Nachfolge Boris Johnsons zum Schlagabtausch gekommen. Sunak will einen schärferen Kurs gegenüber China einschlagen und kündigte im Fall seiner Wahl die Schliessung aller chinesischen Konfuzius-Institute im Land an, die Truss als Bildungsministerin teilweise miteröffnet hatte.
Zu lange hätten westliche Politiker China «den roten Teppich ausgerollt», hiess es in einer Mitteilung Sunaks. Der Gegenschlag liess nicht lange auf sich warten: Truss warf Sunak vor, zu «weich» gegenüber China gewesen zu sein. Die «China Global Times» unterstütze zudem seine Kandidatur.
Kulturministerin und Truss-Unterstützerin Nadine Dorries teilte am Montag auf Twitter einen Bericht der «Daily Mail», in dem die Luxusgarderobe des Ex-Finanzministers detailliert analysiert wird. Der Reichtum seiner Familie gilt als Angriffspunkt des 42-Jährigen. Truss hingegen trage Ohrringe für 4.50 Pfund, behauptete Dorries.
Das Magazin «Politico» nannte die direkten Attacken der Kontrahenden als «verletzend und unerbittlich». Die offen zur Schau getragene Feindschaft sei ungewöhnlich für einen parteiinternen Wahlkampf.