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Wahlausgang in Nordmazedonien Skopje hat zwar einen Sieger – aber noch keine Regierung

In Nordmazedonien haben die Sozialdemokraten die Parlamentswahlen ganz knapp gewonnen. Es ist ein bescheidener Erfolg der Kräfte, die den Namensstreit mit Griechenland beendet haben und ihr Land von Mazedonien auf Nordmazedonien umbenannt haben.

Hauchdünner Vorsprung

Schon die Umfragen haben auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen hingedeutet. Jetzt haben die Sozialdemokraten nur rund ein Prozent Stimmen mehr gemacht als die Nationalkonservativen.

Es steht damit der Sieger fest, aber nicht unbedingt, wer in Zukunft regiert. Denn um auf eine absolute Mehrheit im Parlament zu kommen, muss jetzt eine Koalition gebildet werden. Eine sehr wichtige Rolle dabei wird die stärkste Partei der albanischen Minderheit spielen, die DUI. Sie hat in der Vergangenheit schon Regierungen der Sozialdemokraten UND der Nationalkonservativen unterstützt.

Schwieriger Entscheid für Sozialdemokraten

Vor den Wahlen haben die Sozialdemokraten gesagt, sie wollten ihre bisherige Koalition mit der DUI nicht fortsetzen, aber jetzt bleibt ihnen vielleicht nichts anderes übrig.

Sie könnten nämlich mit leeren Händen ausgehen, wenn sich die DUI für eine Koalition mit den Nationalkonservativen entscheiden sollte. In diesem Fall, kämen die Kräfte wieder zurück an die Macht, die in der Zeit vor 2016 für Abhörskandale, grassierende Korruption und sogar für Wahlfälschungen verantwortlich waren.

Aus dem Land geflüchtet

Der damalige autoritäre Regierungschef Nikola Gruevski ist vor der Justiz aus dem Land geflüchtet und hat bei Viktor Orban in Ungarn Zuflucht gefunden.

Würde seine Partei jetzt dank der Unterstützung der DUI an die Macht zurückkehren, würden es noch schwieriger die Verbrechen aus der Ära Gruevski aufzuarbeiten und Nordmazedonien zu einem europäischen Rechtsstaat zu machen.

Hindernis auf dem Weg in die EU ausgeräumt

Der Sozialdemokrat Zoran Zaev hat mit der Änderung des Namens in Nordmazedonien das grösste Hindernis auf dem Weg Richtung EU aus dem Weg geräumt.

Wenn die Nationalkonservativen an die Macht zurückkehren, ist nicht ausgeschlossen, dass sie das Namenabkommen mit Griechenland wieder ritzen und damit neuen griechischen Widerstand auslösen. Zuerst werden jetzt aber die Sozialdemokraten versuchen, eine Mehrheit zu bilden und die Nationalkonservativen von der Macht fernzuhalten.

Christoph Wüthrich

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Christoph Wüthrich ist Ausland-Redaktor bei Radio SRF und zuständig für den Westbalkan. Er hat Slawistik und Geschichte studiert.

Heute Morgen, 16. Juli 2020, 06:00 Uhr

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