Werner Patzelt war Professor für Politologie an der Universität Dresden. Er schrieb Gutachten für die AfD, trat auch vor der AfD auf, analysierte die Protestbewegung Pegida und stiess damit zum Teil auf Widerspruch.
Jetzt ist er Co-Präsident der Programmkommission der CDU, die am Samstag beim Parteitag in Dresden ein Wahlprogramm vorstellen wird. Er kennt die AfD, hat keine Berührungsängste, soll jetzt aber der CDU helfen, ihren grössten Gegner in Schach zu halten. Wie soll die AfD geschlagen werden?
CDU will mehr Gehör signalisieren
«Wir werden in Sachsen dafür werben, das fakultative, gesetzesaufhebende Referendum einzuführen», sagt Patzelt. So eines gibt es bisher in keinem deutschen Bundesland. Damit solle der Bevölkerung signalisiert werden, «dass die CDU als Volkspartei künftig noch viel mehr auf das reagieren will, was die Leute wollen oder nicht». Das wird nicht reichen, aber immerhin.
Die CDU, die seit 1990 in Dresden den Ministerpräsidenten stellt, habe im Grunde arrogant regiert, das Volk nicht ernst genommen, so Patzelt.
Für eine AfD-Verhinderungskoalition wird es nicht reichen, ausser zu einer, welche die CDU im Osten ruiniert.
Die sächsische CDU habe in den letzten Jahren deswegen genau in den Regionen am meisten Stimmen verloren, in denen sie einst am meisten Vertrauen genossen und die besten Resultate erzielt habe.
«Diese Wähler sind jetzt gesinnt, auf Teufel komm raus die CDU zu bestrafen.» Nie wieder CDU sei deren Leitmaxime. Nach den aktuellen Umfragen würde die AfD mit etwa 26 Prozent stärkste Partei, zwei bis drei Prozent vor der CDU. Weit abgeschlagen folgen die übrigen Parteien.
Niemand will mit der AfD regieren
Die AfD könne aber nicht regieren, weil niemand mit ihr eine Koalition eingehen werde, sagt Patzelt. Also käme trotz allem die CDU wieder zum Zug.
Doch das Problem der CDU sei nicht nur die AfD, das Problem seien auch die Grünen. Die CDU-Wähler in Sachsen könnten und wollten – anders als im Westen – nicht mit ihnen. «Wenn man die zu erwartenden Ergebnisse ansieht, wird es für eine AfD-Verhinderungskoalition nicht reichen, ausser zu einer, die die CDU im Osten ruiniert oder bezüglich der Grünen verzwergen lässt.»
Der beste Weg, die AfD zu spalten, scheint eine Minderheitsregierung zu sein.
Die Lösung, so Patzelt: Eine Minderheitsregierung, die mit wechselnden Mehrheiten regiert. Die CDU würde sich je nach Vorhaben Partner suchen – von Links- bis Rechtsaussen. «Dann kann man mit sämtlichen Kräften im Parlament verhandeln und kann erkennen, in welcher Weise eine vernünftige Politik möglich ist.» Für deutsche Verhältnisse ist das abenteuerlich.
Und noch mehr für CDU Sachsens. Dazu komme: «Das wird nicht fünf Jahre halten, sondern zu einer vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode führen.»
Aber Patzelts Hoffnung ist, dass sich die AfD dabei in jene spalten wird, die einst in der CDU waren, und in einen rechtsextremen Flügel: «Der beste Weg dazu scheint eine Minderheitsregierung zu sein, bei der die AfD keine Disziplin wird wahren können. Denn die CDU-nahen werden mit der CDU zusammenwirken und die Radikalen werden das zu verhindern versuchen.»
Politische Instabilität unausweichlich
Das sind sehr bescheidene Hoffnungen für eine Partei, die in Sachsen seit 1990 den Ministerpräsidenten stellt und diese manchmal wie Könige verehrte.
Patzels strategische Überlegungen zeigen aber beispielhaft: Sachsen wird, wie Brandenburg und Thüringen, wo auch im Herbst gewählt wird, politisch instabil werden. Dies wird die Bundesregierung destabilisieren. Stabilität war lange ein Privileg Deutschlands. Aber eine Garantie dafür gibt es nicht.