Viele in Polen sagten, die Parlamentswahlen vom Sonntag seien die wichtigsten Wahlen seit dem Ende des Kommunismus vor 30 Jahren. Wie wichtig den Polinnen und Polen diese Wahlen waren, zeigt die hohe Wahlbeteiligung. Seit 1989 sind nie mehr so viele an die Urne gegangen.
Erste Prognosen nach der Wahl sagen einen deutlichen Sieg für die national-konservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) voraus. 43.6 Prozent der Stimmen habe sie geholt, genug für eine absolute Mehrheit im Sejm, dem polnischen Abgeordnetenhaus, genug für vier weitere Jahre PiS-Regierung.
Architekt des PiS-Erfolgs
Ein Sieg ist das vor allem für Jaroslaw Kaczynski. Der Chef der PiS ist der Architekt des Erfolgs seiner Partei und wird als Strippenzieher hinter der Regierung auch die nächsten vier Jahre der mächtigste Mann im Land bleiben.
Kaczynskis Versprechen ist: Polen wird zum Westen aufholen, ohne so zu werden wie der Westen. Den Sozialstaat will er weiter ausbauen. Rentner und Bauern sollen mehr Geld aus der Staatskasse bekommen. Der Mindestlohn soll um 80 Prozent ansteigen.
Wenig Platz für Andersdenkende
Andererseits will Kaczynski weiterhin eine homogene, polnisch-katholische Gesellschaft. Für Schwule, Lesben oder für Immigranten ist in diesem Polen wenig Platz. Das hat jüngst die PiS-Kampagne gegen die angebliche Regenbogen-Ideologie gezeigt.
Die grosse Verliererin der Wahl ist die Koalicja Obywatelska (KO), die Bürgerkoalition. Die wichtigste Oppositionspartei und ihre Koalitionspartnerin verlieren Sitze. Ein linkes Parteienbündnis konnte hingegen zulegen und schafft den Einzug ins Parlament, nachdem die Linke vier Jahre nicht mehr im Sejm vertreten war.
«Kein fairer Kampf»
Zu Recht klagt Grzegorz Schetyna, der Chef der Bürgerkoalition, diese Wahlen seien kein fairer Kampf gewesen. Die PiS hat Staatskasse und Staatsmedien massiv für ihre Zwecke eingespannt. Und doch bleibt der Eindruck, die Opposition hätte mehr erreichen können, wäre sie geeinter und – vor allem auf dem Land – engagierter aufgetreten.
So aber steht Polen vor vier weiteren Jahren in denen die PiS den Staat weiter umbauen, den Raum für Andersdenkende eng machen wird. Auch die Europäische Union, die wegen der sogenannten «Justizreform» der PiS ein Sanktionsverfahren gegen Polen eröffnet hat, wird weiterhin mit einem schwierigen Gegenüber in Warschau ringen müssen.