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Wahlen in Südafrika Bei Jungen hat der ANC den Glanz der Befreiungspartei verloren

Viele Studierende in Südafrika sind enttäuscht vom ANC. Sie setzen ihre Hoffnungen auf die linkspopulistische EFF.

Sie fallen sofort auf vor der Universität von Johannesburg. Die Studentinnen und Studenten mit roten Berets, dem Markenzeichen ihres Idols Julius Malema. So wie Monethi Mosoeunyane, der Metallurgie studiert. Er wählt zum zweiten Mal in seinem Leben, aber dieses Mal nicht mehr den African National Congress (ANC), sondern die linkspopulistischen Economic Freedom Fighters (EFF).

Kostenloses Studium und gesicherte Jobs

«Meine Gemeinde zahlt nicht für das Studium. EFF hat versprochen, ein kostenloses Studium für alle einzuführen. Deshalb wähle ich sie.» Vom ANC ist er enttäuscht. Vor allem auch, weil er sich Gleichheit wünscht zwischen schwarzen und weissen Südafrikanern – endlich, 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid.

Die Rotkappen sind nur einzelne Figuren auf dem Campus, doch auch von anderen Studierenden hört man kaum ein gutes Wort über die Regierungspartei ANC.

Der ANC ist voller alter Leute ohne Visionen, viele sind korrupt.
Autor: Harold Mabowa Student Metallurgie

Auch Monethis Studienkollege Harold Mabowa sieht das ähnlich: «EFF haben die Interessen der Jugend im Sinn, sie versprechen Jobs und kostenlose Ausbildung. Der ANC ist voller alter Leute ohne Visionen, viele sind korrupt und arrogant, geben keine Fehler zu.» Aber sind die grossen Versprechen der EFF überhaupt realistisch? Harold zweifelt nicht daran. Viele Studienabgänger finden keinen Job. Neben Gratis-Studium und garantierten Jobs für Studienabgänger will der EFF auch Banken und Minen verstaatlichen und Land von weissen Farmern ohne Entschädigung enteignen können.

«Der ANC war zu lange an der Macht, es ist Zeit zurückzutreten», findet Zinhle Motsei, die Kommunikation studiert.

Hoffnung auf Veränderung verloren

Während die einen ihre Hoffnungen in die teils radikalen Forderungen der EFF setzen, sind andere resigniert und wollen nicht an die Urne gehen. «Die Wahlen interessieren mich nicht. Der ANC hat lange gekämpft, aber die Umsetzung funktioniert nicht», sagt Bonisiwe Ntombela, die Erziehungswissenschaften studiert. Und auch ihre Studienkollegin Vanessa Koketso Mabaso, glaubt nicht an eine Veränderung. Obwohl sie selber bei der Wahlkommission mitarbeitet, sieht sie die Wahl mehr als Pflicht denn als Chance auf Veränderung. «Ich bin sehr enttäuscht. Jeden Tag hören wir von neuen Fällen von Bestechung. Immerhin glaube ich, dass die EFF den ANC dazu bringen werden, seine Politik zu verändern.»

Teils ist das schon geschehen. Auch Präsident Ramaphosa betonte im Wahlkampf unermüdlich, dass er neue Jobs schaffen werde. Auch bei den Landenteignungen hat er eine Verfassungsänderung eingeleitet.

Alle Prognosen gehen davon aus, dass der ANC Wähleranteile verlieren wird im Vergleich zu den 62 Prozent vor 5 Jahren, und umgekehrt werden der EFF markante Gewinne prognostiziert. Allerdings, für einen Machtwechsel, wie ihn sich viele Junge wünschen, wird es kaum reichen. Unter anderem auch deswegen, weil die Stimmbeteiligung unter jungen Südafrikanern tief ist. Sie tragen ihre Enttäuschung oft nicht an die Urnen. Und für viele Südafrikaner ist Cyril Ramaphosa im Moment immer noch die beste Person von allen Bewerbern für das Präsidentenamt, um das Land mit Reformen vorwärts zu bringen.

Viele wirtschaftliche Probleme

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Die Arbeitslosigkeit in Südafrika beträgt 27 Prozent – bei den Jungen ist jeder zweite arbeitslos. Die Hälfte der Südafrikaner lebt in Armut. Die meisten von ihnen sind schwarz. Laut der Weltbank ist Südafrika das Land mit der grössten Ungleichheit. Südafrikas Wirtschaftsministerium errechnete für 2019 ein Wirtschaftswachstum von 1.7 Prozent – viel zu wenig, um deutlich mehr Stellen zu schaffen. Zudem könnten massive Probleme des staatlichen Energiekonzerns und Stromausfälle das Wirtschaftswachstum noch weiter nach unten drücken.

Sendebezug Tagesschau, 8.5.19, 12:45

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