Wer hat die besseren Chancen, der amtierende Regierungschef Viktor Orban oder sein Herausforderer Peter Marki-Zay?
Viktor Orban hat die besseren Chancen. Alle Umfragen sehen ihn inzwischen als Sieger, wenn auch meistens knapp. Umfragen sind zwar notorisch ungenau in Ungarn, aber auffällig ist, dass die vielen unentschiedenen Wählerinnen und Wähler eher zu Orban tendieren als zu seinen Gegnern.
Sind die Wahlen überhaupt frei und fair?
Sie sind auf jeden Fall frei: Prinzipiell kann jeder kandidieren, prinzipiell kann jede wählen und Resultate werden nicht gefälscht. Sie sind aber nicht fair. Viktor Orban hat ein Wahlrecht eingeführt, das seine grosse Partei stark bevorzugt. Die Staatsmedien sind blosse Propagandakanäle, Orbans Gegner bekommen dort kaum Platz. Und viele private Medien gehören inzwischen Orbans Getreuen, zum Teil wurden sie von den Vorbesitzern unter Druck verkauft. Die Ausgangslage für Orbans Gegner ist schwieriger als für Orban.
Welche Rolle spielt der Ukraine-Krieg bei den Wahlen?
Eine sehr grosse. Ungarn ist eines der Länder, die unter der ehemaligen Sowjetunion gelitten haben, Ungarn grenzt an die Ukraine, viele Menschen machen sich Sorgen. Und Orban äussert sich klar, wenn es um die Ukraine geht. Er betont immer wieder, dass sie ausser beim Thema Energie EU-Sanktionen mittragen, Waffenlieferungen aber ablehnen, um sich herauszuhalten.
Die Orban-Gegner hingegen sagen, Orban sei ein Russland-Freund und Verräter. Aber viele Menschen interessiert das nicht, sie wollen einfach nicht im Krieg involviert werden – und trauen es eher Orban zu, dass er dies fürs Land sicherstellt.
Welche weiteren Themen bestimmen den Wahlkampf?
Die Inflation – das Leben wird gerade schnell teurer in Ungarn. Das ist in vielen Ländern so, die Orban-Gegner weisen aber darauf hin, dass Ungarn nach zwölf Jahren Orban in gewissen Statistiken das zweitärmste Land der EU ist. Orban wiederum versucht zu verhindern, dass ihm wegen der Wirtschaftslage Gefahr droht, indem er grosszügig Geld verteilt. Er hat Preise eingefroren für gewisse Nahrungsmittel, subventioniert Energie und gibt Pensionierten mehr Geld.
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Was würde der Sieg Orbans bedeuten für Ungarn?
Orban hat die Demokratie ausgehöhlt in Ungarn. Die wichtigsten Bereiche des öffentlichen Lebens kontrolliert er inzwischen stark: Wirtschaft, Medien, Justiz, Bildung. Bei einem Wahlsieg würde er sicher versuchen, seinen Einfluss noch stärker zu festigen, zum Beispiel in der Kultur.
Was würde der Sieg Orbans bedeuten für Europa?
Ungarn unter Viktor Orban und die EU sind sich uneins über viele grundsätzliche Dinge: Kontrolle der Macht, Korruption, Umgang mit Minderheiten. Wenn Orban die Wahlen gewinnt, geht der Streit weiter. Ein Stück weit entscheidet sich in Ungarn (und Polen), wie gut die EU funktioniert: Schafft sie es, Mitglieder im Zaum zu halten, die Grundrechte ritzen? Bisher ist das schärfste Mittel der Union der Geldentzug. Wie wirksam und effizient das ist, muss sich zeigen. Orban ist angewiesen auf das Geld der EU. Bekommt er es nicht, kann er aber mit Polen wichtige Vorhaben der EU blockieren.
Was würde ein Machtwechsel in Ungarn bedeuten?
Viktor Orbans Herausforderer Peter Marki-Zay würde nicht alles anders machen. Auch er ist konservativ, auch er ist für die grosszügige Unterstützung von Familien und streng, wenn es um Migration geht. Aber Marki-Zay würde zumindest versuchen, aus Ungarn wieder ein demokratischeres Land zu machen, in dem die Regierung vor unabhängigen Instanzen Rechenschaft ablegen muss.