- Die Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten erkennen das Ergebnis der umstrittenen Präsidentenwahl in Weissrussland nicht an.
- Die Abstimmung sei weder fair noch frei gewesen, erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Sondergipfel zur politischen Krise in Weissrussland.
Es gebe keinen Zweifel daran, dass es massive Regelverstösse bei der Wahl gegeben habe, sagte die deutsche Bundeskanzlerin nach rund dreistündiger Beratung mit ihren Kollegen. «Und deshalb kann man die Ergebnisse dieser Wahlen auch nicht anerkennen.» EU-Ratschef Charles Michel bestätigte diese Entscheidung.
«Wir verurteilen die brutale Gewalt gegen Menschen», sagte Merkel weiter. Alle Gefangenen müssten bedingungslos freigelassen werden. Zudem setze man sich – wie von der Opposition gefordert – für einen nationalen Dialog ein.
Für die per Videokonferenz geführten Gespräche der Staats- und Regierungschefs war in Brüssel extra die politische Sommerpause unterbrochen worden. Die EU wollte damit auch ein deutliches Zeichen setzen, dass sie an der Seite der friedlich demonstrierenden Menschen in Belarus steht.
Opposition forderte Unterstützung der EU
Seit der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl am 9. August gibt es in der ehemaligen Sowjetrepublik Massenproteste gegen Lukaschenko. Vor allem zu Beginn reagierte die Polizei mit Gewalt gegen die weitgehend friedlichen Demonstranten.
Noch kurz vor dem Sondergipfel hatte die Opposition die EU dazu aufgefordert, die Wahl Lukaschenkos nicht anzuerkennen. Aus dem Exil in Litauen sagte die Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja: «Verehrte Anführer Europas, ich rufe Sie dazu auf, das Aufwachen von Weissrussland zu unterstützen.»
Lukaschenko verbittet sich Einmischung der EU
Lukaschenko selbst forderte die EU-Staaten hingegen dazu auf, sich mit ihren eigenen Problemen zu befassen. «Bevor sie mit dem Finger auf uns zeigen, sollten sie die Themen wie die ‹Gelbwesten› in Frankreich oder die schrecklichen Unruhen in den USA auf die Tagesordnung ihrer Treffen setzen.»
Als Antwort auf die Polizeigewalt bei Demonstrationen hatten die Aussenminister der EU-Staaten bereits vergangene Woche Sanktionen gegen Unterstützer Lukaschenkos auf den Weg gebracht. Zudem soll es Strafmassnahmen gegen Personen geben, die für eine Fälschung der Präsidentenwahl verantwortlich gemacht werden.
Die Menschen in Weissrussland demonstrierten am Mittwoch unterdessen den elften Tag infolge gegen Lukaschenko. In Staatsbetrieben legten Beschäftigte erneut die Arbeit nieder, allerdings weniger als zu Wochenbeginn, wie das unabhängige Portal tut.by berichtete. Protestaktionen gab es auch in anderen Städten des Landes. Doch die Unterstützer Lukaschenkos versammelten sich ebenfalls zu Strassenprotesten.