Wie kann man nur? Scherzen und lachen, während der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in bewegenden Worten zu den Opfern der Flut spricht. Laschet konnte – und erntete damit den ersten medialen Shitstorm dieser Katastrophe und den Hashtag #LaschetLacht.
Vor Ort präsentierte sich die Szene anders. Steinmeier und Laschet hatten in Erftstadt in der örtlichen Feuerwehr Hilfskräfte getroffen und sich danach vor die Presse gestellt. Steinmeier sprach nicht vor Opfern der Flut, sondern vor Journalisten. Die Bewohner der Stadt, falls präsent, konnten den Präsidenten höchstens aus der Distanz sehen.
Während Steinmeier sprach, wartete Laschet zwanzig Meter entfernt im Feuerwehrgebäude, unterhielt sich mit seinen Begleitern und lachte auch zwischendurch. Das sah man aus dem Augenwinkel und es störte, weil es eine Respektlosigkeit war, nicht gegenüber den Opfern, sondern gegenüber dem Bundespräsidenten. Und dieselbe kurze Irritation gab es nochmals, als auch der Bundespräsident sich amüsierte, während Laschet sprach. Aber wie relevant ist das, angesichts der Verwüstungen wenige Meter entfernt?
Dass Laschet und Steinmeier die Katastrophe nicht ernst nehmen, kann man getrost ausschliessen. Und jeder und jede lacht mal, gerade in Stress-Situationen. Bewegende Worte fanden sie beide nicht, eher Floskeln – den meisten Politikern fehlt das rhetorische Charisma. Entscheidend ist ohnehin, ob sie «boots on ground» bringen, wie die Amerikaner sagen, was sie also konkret bewirken.
Wenn der Shitstorm zum Soufflé wird
Die Realität und ihr Kontext sind das eine, die rezipierte Wirklichkeit aber ist offenkundig viel wichtiger. Nicht was passiert, sondern wie es interpretiert wird, ist das alles Entscheidende. Das ist besonders in Zeiten der sozialen Medien so, aber es ist überhaupt nicht neu. In der berühmt-berüchtigten Emser Depesche verkürzte Reichskanzler Bismarck für die Öffentlichkeit die Fakten 1870 absichtlich so, dass er Frankreich zu einer Kriegserklärung provozierte, was zum deutsch-französischen Krieg führte.
Heute entsteht ein Shitstorm einfach viel schneller als damals. Und kann auch rasch wie ein Soufflé in sich zusammenfallen, vor allem, wenn man sich wie Laschet einfach pro forma entschuldigt. So funktioniert politisches Teflon.
Mit Entschuldigungen und Lippenbekenntnissen aber lässt sich der Klimawandel nicht abspeisen. Unabhängig davon, ob dieses oder jenes Ereignis direkt darauf zurückzuführen ist; der Klimawandel wird sichtbar und ist endgültig als Wahlkampfthema in Deutschland angekommen. Vor allem seit nun auch Bayern und Sachsen von Unwettern betroffen sind. Die Union muss zeigen, dass ihr das Thema ernst ist. Und die Grünen müssen zeigen, dass sie bei der Rettung des Klimas nicht das Land wirtschaftlich in den Ruin treiben.