Das Land, das im letzten Sommer die schlimmsten Überschwemmungen seiner Geschichte erlebte, steckt tief in der Krise. Sie lähmt die Wirtschaft, und Anfang Woche sassen Millionen von Menschen stundenlang im Dunkeln, weil in ganz Pakistan der Strom ausgefallen war.
Die Nervosität ist spürbar. Erst recht, seit die britische Wirtschaftszeitung «Financial Times» diese Woche über einen möglichen wirtschaftlichen Kollaps Pakistans spekuliert hatte. Grosse Fernsehsender, wie Geo TV, berichten prominent.
Rupie im freien Fall
Die Wirtschaftskrise hat sich in den letzten Tagen verschärft, weil die pakistanische Rupie im Vergleich zum Dollar kräftig an Wert verloren hat. Die Zentralbank hatte in den vergangenen Monaten versucht, den Wechselkurs durch Kapitalverkehrskontrollen künstlich hochzuhalten.
Sie hat diese Strategie aber nach Kritik aus der Wirtschaft und vom Internationalen Währungsfonds IWF am Donnerstag aufgegeben. Die Rupie verlor allein an diesem einen Tag knapp zehn Prozent an Wert im Vergleich zum Dollar.
Wirtschaftskrise schlägt voll durch
Warum das die Menschen in Pakistan direkt betrifft, sieht man im Hafen von Karachi: Dort stauen sich Tausende von Containern mit lebenswichtigen Gütern. Die Importeure können nicht mehr genug Dollars auftreiben, um sie zu bezahlen. Dadurch kommen weniger Waren ins Land, was die Versorgung der durch hohe Inflation gebeutelten Bevölkerung immer schwieriger macht.
Aber auch die Unternehmen leiden: Viele Fabriken wie Textilhersteller haben die Arbeitszeit reduziert oder vorübergehend ganz geschlossen, um Rohmaterial und Energie zu sparen. Er arbeite seit 40 Jahren in der Zollabwicklung, berichtet ein Verbandsvertreter. Aber so eine schwierige Zeit habe er noch nie erlebt.
Die Währungsreserven der Zentralbank sind inzwischen auf weniger als vier Milliarden Dollar geschrumpft. Gemäss Finanzanalysten reicht das gerade aus, um die Importe eines Monats zu finanzieren. Um Geld zu sparen, habe Pakistan seine Einfuhren drastisch reduziert, sagte Planungsminister Ahsan Iqbal der «Financial Times».
Flut verschärft Lage zusätzlich
Pakistan hatte bereits vor der Flutkatastrophe extrem hohe Schulden. Die Flut hat die Krise weiter verschärft. Auf einer grossen Geberkonferenz in Genf wurden zwar Anfang des Jahres mehr als neun Milliarden Dollar an Hilfszusagen gemacht. Aber es ist unklar, wann das Geld ankommt. Zudem reicht es nicht aus, um das Land zu stabilisieren.
Seit Monaten verhandelt die Regierung in Islamabad daher mit dem IWF über einen milliardenschweren Hilfskredit in Dollar. Aber die Verhandlungen sind ins Stocken geraten – unter anderem, weil der IWF ein Ende der Kapitalverkehrskontrollen gefordert hatte.
Doch selbst, wenn der IWF grünes Licht geben sollte, ist nicht garantiert, ob der Milliardenkredit ausreichen wird, um die vielen Löcher in der Staatskasse zu stopfen. Die erneuten Spekulationen über einen nahenden Staatsbankrott kommen daher nicht von ungefähr.