Vielleicht hat der Deutsche Erdbebendienst heute feine Erschütterungen registriert. Von all den Menschen, die sich seit dem Anti-Adidas-Entscheid auf Deutschen Friedhöfen im Grabe umdrehen. Franz Beckenbauer zum Beispiel. Oder Adi Dassler, der berühmte Erfinder der Marke Adidas. Ein Beben geht durch Deutschland – auch oberirdisch. Die Deutsche Fussball-Nationalelf ohne die drei Streifen auf dem Leibchen – unvorstellbar.
Der Wirtschaftsminister hat sich geäussert, viele weitere ranghohe Politikerinnen und Politiker auch. Fehlt nur noch der Kanzler. Auf dem ARD-Kanal von Instagram fragt ein User: «Erleben wir gerade, dass sich die Politik einig ist?» In dieser Sache offenbar: ja. Und logisch: Zu Fragen der Fussball-Nationalmannschaft gibt es in Deutschland 80 Millionen Expertinnen und Experten. Niemand hat dazu keine Meinung. Ob der Kanzler nun Mercedes oder Audi fährt – egal. Aber Adidas! Kann man nicht abstreifen.
100 Millionen Euro pro Jahr
2027 wird es so weit sein: Nike statt Adidas. 100 Millionen Euro soll Nike laut «Handelsblatt» jedes Jahr auf den Tisch legen – das ist fast doppelt so viel, wie es Adidas angeboten hatte. Noch bis zuletzt, die ganze Nacht hindurch, gab es Verhandlungen – doch der Deutsche Fussball-Bund entschied sich fürs Geld und damit für Nike – und verkaufte damit die Seele des Deutschen Fussballs, finden viele Fans.
Eben, Beckenbauer zum Beispiel – wäre der Kaiser ohne die drei Streifen auf dem Leibchen vorstellbar gewesen? Und all die Millionen Kinder, die stolz das Trikot ihrer «Elf» getragen hatten, über Jahrzehnte. In den Sechzigern, Siebzigern – bis heute.
Keine Angst mehr vor dem Volkszorn
Dabei hatte der Deutsche Fussball-Bund schon einmal ein Angebot von Nike auf dem Tisch – damals traute man sich nicht, den Wechsel zu vollziehen, aus Angst vor der Volksseele, aus Angst vor dem Zorn.
Jetzt aber sind die finanziellen Probleme so gross, dass man sich die Drei-Streifen-Folklore offenbar nicht mehr leisten konnte. Und die 100 Nike-Millionen pro Jahr nimmt. Als gemeinnütziger Verband, sagt der DFB, hätte man das Angebot annehmen müssen.
Man wird das Geld wohl auch in den Nachwuchs investieren – die soziale Aufgabe des Fussballs ist nicht zu unterschätzen. Und am Ende wird es den Deutschen Fussball auch ohne die drei Streifen geben. Dies die gute Nachricht – die unter- und oberirdisch wohl irgendwann wieder für Ruhe sorgen wird.