- In Polen hat der amtierende Ministerpräsident Mateusz Morawiecki erwartungsgemäss die Vertrauensabstimmung im Parlament verloren.
- Polens Parlament hat den früheren Oppositionsführer Donald Tusk daraufhin zum künftigen Regierungschef bestimmt.
- Für den Chef der liberalkonservativen Bürgerkoalition (KO) stimmten 248 der 449 anwesenden Abgeordneten.
Tusks Dreier-Bündnis zusammen mit dem Dritten Wege und der Neuen Linken hat seit der Wahl vom 15. Oktober die Mehrheit im Parlament.
Ein Koalitionsvertrag wurde bereits vor Wochen unterschrieben, auch die Ressortverteilung ist geklärt. Die frühere Regierungspartei PiS wurde zwar stärkste Fraktion, verfehlte aber die absolute Mehrheit. Trotz dieser Mehrheitsverhältnisse hatte Präsident Andrzej Duda, der aus den Reihen der PiS stammt, Morawiecki mit der Regierungsbildung beauftragt und dessen Kabinett Ende November vereidigt. Die von Beginn an chancenlose Regierung blieb zwei Wochen im Amt.
Bei der Vertrauensfrage verpasste Morawiecki aber die nötige Mehrheit. Er erhielt nur 190 Stimmen, während 266 Abgeordnete gegen ihn votierten.
Guten Nachricht für die EU
Zu Beginn der mit Spannung erwarteten Sitzung im Abgeordnetenhaus hatte Tusk auf der Plattform X (ehemals Twitter), geschrieben: «Auf die Plätze, fertig, los!» («Ready, steady, go!»). Mit einem Machtwechsel könnte auch ein jahrelanger Streit zwischen der EU und Polen, etwa über die umstrittene Justizreform und die Zuteilung von eingefrorenen EU-Mitteln in Milliardenhöhe, zu Ende gehen.
Der 66-jährige Tusk war bereits von 2007 bis 2014 Ministerpräsident sowie von 2014 bis 2019 Präsident des Europäischen Rates und hat deshalb noch gute Kontakte nach Brüssel. Er hat wiederholt betont, er wolle Polens Position in Europa «wieder aufbauen».
«Wenn jemand Polen zurück auf den demokratischen Weg der EU führen kann, dann ist es Tusk», sagte ein hochrangiger EU-Beamter der Nachrichtenagentur Reuters. «Wir vertrauen auf seine Führung.» Tusks politische Gegner werfen ihm allerdings vor, ausländische Interessen über die Interessen Polens zu stellen.
Der 66-jährige Tusk will sein Kabinett am Dienstag präsentieren und seinerseits eine Regierungserklärung abgeben. Danach muss er die Vertrauensfrage stellen. Da er sich auf eine solide Mehrheit stützen kann, wird er sie höchstwahrscheinlich bestehen. Voraussichtlich am Mittwoch will Präsident Duda die neue Regierung vereidigen.