Dänemarks Gefängnisse sind voll. Die Regierung geht davon aus, dass in den nächsten Jahren rund 1000 Plätze fehlen werden. Deshalb will Dänemark Häftlinge in den Kosovo auslagern. Die beiden Länder werden heute ein entsprechendes Abkommen unterzeichnen. Im Kosovo sollen Abschiebehäftlinge aus Drittländern untergebracht werden. Gegenwärtig sitzen in dänischen Haftanstalten 348 Menschen, die ausgeschafft werden sollen.
Im Gefängnis sollen dieselben Regeln gelten wie in dänischen Gefängnissen, versicherte der dänische Justizminister Nick Hækkerup. Er sei sicher, dass das Abkommen einer Prüfung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte standhalten könne.
Die Pläne sind umstritten, wie SRF-Nordeuropa-Korrespondent Bruno Kaufmann berichtet. «In der breiteren Öffentlichkeit gibt es viel Kritik.» So fragten sich viele, wie die versprochenen «dänischen Haftbedingungen» eingehalten werden könnten. Etwa, wenn es um den Besuch von Angehörigen in der weit entfernten Haftanstalt gehe.
«Dazu kommen ganz grundsätzliche Bedenken gegenüber der Auslagerung hoheitlicher, staatlicher Aufgaben ins Ausland», sagt Kaufmann. «Im Parlament besteht jedoch ein breiter Konsens über die Pläne – von den Sozialisten bis hin zu den Nationalisten der dänischen Volkspartei.»
Die dänische Regierung argumentiert mit überfüllten Gefängnissen, die den ungewöhnlichen Schritt nötig machten. Für Kaufmann geht es jedoch um viel Grundsätzlicheres – nämlich Dänemarks «Fremdenproblem», das seit Jahrzehnten ein heisses politisches Eisen im Land sei.
Der Korrespondent blickt weit in die Geschichte zurück. Seit Dänemark zur Demokratie wurde und nach und nach seine Überseegebiete verlor, habe sich ein sehr eigener Umgang mit dem Fremden entwickelt: «Demokratie und offene Gesellschaft wurden immer als etwas sehr Homogenes verstanden, eingebettet in eine einsprachige Gesellschaft.»
Weitere «Auslagerungsversuche»
Mit internationalen Entwicklungen habe das Land generell Mühe gehabt. Aussen- und Innenpolitik werde strikt getrennt, so Kaufmann weiter. «Deswegen hat man in den letzten Jahren auch immer wieder versucht, abgewiesene Ausländer zu isolieren.»
Die frühere bürgerliche Regierung versuchte zunächst, ein Abschiebegefängnis auf einer entlegenen Ostseeinsel zu errichten. Die Pläne scheiterten am Widerstand der dortigen Bevölkerung. Die amtierende sozialdemokratische Regierung wollte Asylverfahren nach Ruanda auslagern. Auch diese Pläne kamen nicht zustande.