Im Nahen Osten schaut man mit Sorge auf den Krieg in der Ukraine. Denn die die Ukraine und Russland sind für viele Länder in der Region die wichtigsten Lieferanten von Weizen. Der Krieg hat diese Lieferkette vorläufig unterbrochen.
Und das in einer Zeit, in der viele Menschen im Nahen Osten ohnehin Mühe haben, ihr tägliches Brot zu kaufen. Dass Brotmangel zu Aufständen und sogar Kriegen führen kann, das weiss die Region aus leidvoller Erfahrung. Menschen, die sich nicht einmal mehr Brot leisten können, gibt es millionenfach im Libanon, in Syrien, im Irak und in Ägypten – nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine.
Kriege, Korruption, Dürre
Schuld daran sind viele Faktoren: In Syrien der Krieg und die US-Sanktionen, in Libanon die Korruption, die zum Zusammenbruch des Staates und einer horrenden Inflation geführt hat. In Ägypten müssen über 100 Millionen Menschen ernährt werden, und das Land leidet, wie auch Syrien und der Irak, unter einer Dürre.
Der ägyptische Staat gibt jährlich Milliarden für Brotsubventionen aus: Eine Erhöhung des Brotpreises hat in der Vergangenheit wiederholt zu Ausschreitungen geführt. Ebenso in Syrien, wo die Proteste gegen Präsident Assad, die vor mehr als zehn Jahren zum Krieg führten, auch mit Brotmangel zu tun hatten.
Ägypten bezieht 70 Prozent seines Weizens aus der Ukraine und Russland, Libanon rund die Hälfte. In Syrien, wo das Brot bereits knapp ist, hat die Regierung in diesen Tagen die Rationierung von Weizen angekündigt. Ägypten kann noch einige Monate von seinen Lagern zehren, kauft nun Weizen aus Rumänien zu, kann aber damit die Ausfälle durch den Ukraine-Krieg nicht kompensieren.
Libanon hingegen kann nur für maximal anderthalb Monate Weizen lagern, da die grossen Silos 2020 bei der Explosion im Hafen von Beirut zerstört wurden.
Steigende Preise
Die Weizenpreise sind seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine zudem weltweit stark gestiegen. Das stellt die Regierungen im Nahen Osten vor eine schwierige Entscheidung: Brot weiterhin auf gleichem Niveau subventionieren und damit riesige Löcher in die Staatskassen reissen. Oder die Subventionen senken und damit Unruhen riskieren.
Viel Spielraum haben die Regierungen nicht. Denn seit der Corona-Krise ist die Bevölkerung in dieser Region noch mehr verarmt.