- Die jüngste Gewalttat von Polizisten gegen einen schwarzen Amerikaner am Wochenende hat viele Spieler ein weiteres Mal schwer getroffen.
- US-Sportler haben ihre Wut und Enttäuschung über die Polizeigewalt im Land deutlich gemacht wie nie zuvor.
- Ausgelöst von einem historischen Playoff-Boykott der Milwaukee Bucks verzichteten am Mittwoch (Ortszeit) Teams und Spieler in der NBA, MLB, MLS und WNBA auf ihre Wettkämpfe.
Tennis-Star Naomi Osaka schloss sich dem Protest an und verzichtete unmittelbar vor den US Open auf ihr für Donnerstag angesetztes Halbfinale beim ATP-1000-Turnier in New York.
Die Organisatoren sagten daraufhin die für Donnerstag geplanten Partien ab.
Von Sportlern aus der Basketball-Profiliga NBA und der National Football League NFL gab es Zuspruch für den Schritt der Bucks. Der ehemalige US-Präsident Barack Obama schrieb: «Ich preise die Spieler der Bucks, die einstehen dafür, woran sie glauben, Trainer wie Doc Rivers und die NBA und WNBA dafür, ein Zeichen zu setzen. Es wird all unsere Institutionen brauchen, um für unsere Werte einzustehen.»
Wie die NBA mitteilte, sollen die Begegnungen neu angesetzt werden. Und weil sich weitere Klubs solidarisch zeigten, sagte die NBA auch die übrigen Spiele an diesem Tag ab.
Jahrestag des ersten Sportler-Protests
Auf den Tag genau vier Jahre nachdem Kaepernick, der damalige Quarterback der San Francisco 49ers, sich bei einem Testspiel vor der NFL-Saison erstmals während der Nationalhymne hingekniet und das Land in eine emotionale Debatte verwickelt hatte, blieben die Basketballer der Bucks am Mittwoch aber in ihrer Kabine. Der Grund: Die jüngste Gewalttat von Polizisten gegen einen Afroamerikaner, dem am Wochenende in den Rücken geschossen worden war. Der Tatort ist in weniger als einer Stunde von Milwaukee mit dem Auto zu erreichen.
«Trotz der überwältigenden Plädoyers für Veränderungen hat es keine Handlungen gegeben. Unsere Konzentration kann deswegen heute nicht dem Basketball gelten», hiess es in einer von den Bucks-Profis in den Katakomben der Halle in Orlando verlesenen Reaktion auf den Boykott. «Wenn wir auf dem Platz stehen und Milwaukee und Wisconsin repräsentieren, wird von uns das höchste Niveau erwartet, dass wir alles geben und uns gegenseitig in die Verantwortung nehmen. Wir erfüllen diesen Standard und fordern das gleiche von unseren Gesetzgebern und der Strafverfolgung.»
Zeichen mit Nachhall
Die stärkste Frauen-Basketball-Liga der Welt, die WNBA, verzichtete wie die NBA auf alle geplanten Partien für den Tag. In der Major League Soccer fanden fünf der sechs geplanten Spiele des Tages nicht statt. Auch in der Major League Baseball wurden Begegnungen abgesagt.
«So etwas habe ich noch nie gesehen. Man muss den Milwaukee Bucks eine Menge Respekt zollen», sagte Basketball-Legende Charles Barkley dem TV-Sender CNN. «Ich finde es sehr couragiert, was die Milwaukee Bucks heute Abend gemacht haben.» Von den Team-Besitzern, die nicht informiert waren, gab es Rückendeckung.
Schon zuvor hatten die Anti-Rassismus-Proteste im Land eine grosse Rolle gespielt. Einige Basketballer waren der Meinung, dass mit einer Fortsetzung der durch die Pandemie unterbrochenen Saison der Fokus auf dieses Thema verloren gehe. Spieler und Trainer hatten zwar nahezu täglich in Interviews auf den Tod schwarzer Menschen hingewiesen. Der Knall am Mittwoch aber war beispiellos und wird lange nachhallen.