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Weltnaturkonferenz Kolumbien Abruptes Ende und ernüchternde Ergebnisse in Cali

Rund 13'000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben an der Weltnaturkonferenz in Kolumbien darüber verhandelt, wie der weltweite Artenschwund gestoppt werden kann. Die Konferenz hätte am Freitag nach zwei Wochen zu Ende gehen sollen. Doch die Beschlussfassung im Plenum zog sich bis in den Samstag hinein und fand nach rund zwölf Stunden ein abruptes Ende. Zu viele Delegierte hatten bereits die Heimreise angetreten, sodass die Vollversammlung nicht mehr beschlussfähig war.

Freiwilliger Cali-Fonds

Trotz des vorzeitigen Abbruchs konnten sich die Delegierten in einzelnen Punkten einigen: zum Beispiel, dass ein neuer Fonds eingerichtet wird – der Cali-Fonds. In diesen sollen grosse Konzerne aus Wirtschaftszweigen wie der Pharma- und Agrarindustrie und der Kosmetikbranche ein Prozent ihres Gewinns oder 0.1 Prozent ihres Umsatzes einzahlen. Dies, weil sie mit genetischen Daten von Pflanzen und Tieren, die sie etwa für Medikamente nutzen, viel Geld verdienen.

Die Länder des globalen Südens, aus denen die Organismen hauptsächlich stammen, gingen bisher leer aus. Nun sollen diese Herkunftsländer die Hälfte der Gelder aus dem neuen Fonds erhalten – die andere Hälfte geht an indigene Völker. Der Wermutstropfen dabei: Die Unternehmen sind nur aufgefordert, einzuzahlen, nicht aber verpflichtet.

Ein weiterer Erfolg der Konferenz ist, dass die indigenen Völker ein neues Gremium erhalten. Dieses soll deren Rechte überwachen und sie bei Entscheidungen der Vereinten Nationen an den Tisch holen. Es ist ein Zeichen dafür, dass die Staatengemeinschaft die Indigenen und ihr traditionelles Wissen im Umgang mit der Artenvielfalt ernst nimmt.

Uneinigkeit bei der Finanzierung

Einer der zentralsten Punkte der UNO-Biodiversitätsverhandlungen, die Finanzierung, bleibt aber offen. So konnten sich die Staaten nicht darauf einigen, wie zusätzliches Geld für den Naturschutz mobilisiert werden kann. Die Entwicklungsländer machten sich für einen neuen Biodiversitätsfonds stark, was die westlichen Staaten jedoch ablehnten.

Trotz gewisser Fortschritte blieb letztlich auch ein weiterer Bereich ohne Klärung: das Monitoring – also wie Länder den Fortschritt bei der Umsetzung der Naturschutzziele messen und überprüfen wollen.

Bilanz nach Konferenz ist ernüchternd

Insgesamt fällt die Bilanz der Biodiversitätskonferenz in Kolumbien ernüchternd aus. Zentrale Aspekte wie die Finanzierung von mehr Naturschutz und dessen Monitoring bleiben ungeklärt. Und dies, obschon die Zeit drängt: Die Staatsgemeinschaft hat sich 2022 vorgenommen, den weltweiten Artenschwund bis 2030 zu stoppen. Mit der Vertagung der drängendsten Fragen auf die Zwischenkonferenz in einem Jahr geht wertvolle Zeit verloren.

Die Schweiz müsse endlich vorwärtsmachen, fordern die Umweltverbände Birdlife, Pro Natura und WWF Schweiz. Das Land müsse sich dringend international stärker engagieren und mehr tun, um die 23 Biodiversitätsziele selbst zu erreichen. Auch das Bundesamt für Umwelt betont, dass neben einigen Fortschritten vor allem viele offene Fragen blieben.

Felicitas Erzinger

Wissenschaftsredaktorin

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Felicitas Erzinger arbeitet seit 2022 für die SRF-Wissenschaftsredaktion. Sie hat Umweltwissenschaften studiert und einen Doktortitel in Biologie.

Echo der Zeit, 02.11.2024, 18 Uhr

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