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«Die Gefahr eines nuklearen Wettrüstens besteht und ist akut»
Aus SRF 4 News aktuell vom 20.08.2019.
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Weltweite atomare Aufrüstung «Wohin man auch schaut, es sieht momentan düster aus»

Das US-Militär hat erstmals seit dem Auslaufen des INF-Abrüstungsvertrags mit Russland Anfang August eine Mittelstreckenrakete getestet. Der Marschflugkörper sei am Sonntag in Kalifornien abgefeuert worden und habe sein Ziel punktgenau erreicht, heisst es aus offiziellen US-Kreisen. Fredy Gsteiger befasst sich für SRF mit internationalen Sicherheitsfragen. Seiner Ansicht nach sind Sorgen durchaus berechtigt.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

SRF News: Was für eine Rakete haben die USA genau getestet?

Fredy Gsteiger: Es handelt sich um eine konventionelle Rakete, also nicht um eine atomar bestückte. Grundsätzlich kann man natürlich auch eine konventionelle Rakete atomar aufrüsten. Aber in diesem Fall ist dies nicht passiert. Da ihre Reichweite mehr als 500 Kilometer beträgt, entspricht der Test einer Verletzung des INF-Vertrages über Mittelstreckenraketen.

Eine undatierte Aufnahme einer Tomahawk-Rakete, hinten karges Gebirge
Legende: Getestet wurde offenbar eine modifizierte Version einer bei der US-Marine bereits vorhandenen Tomahawk-Rakete oder eines Marschflugkörpers. Reuters

Dieser gilt seit Anfang August nicht mehr. Zudem war es eine landgestützte Rakete. Das ist ebenfalls ein Verstoss gegen den Vertrag. Die USA haben ihn damit wenige Wochen, nachdem er zu Makulatur wurde, gebrochen.

Beobachter warnen vor einem atomaren Wettrüsten – zu Recht?

Absolut. Diese Gefahr besteht und ist akut, zumal man weiss, dass China und Russland ebenfalls mehr Geld investieren und in diesem Bereich vorwärtsmachen. Alle geben den anderen die Schuld und sagen, man tue das nur als Reaktion auf das, was die anderen machen. Aber die Situation ist im Moment im Bereich der Raketenrüstung ganz offenkundig desolat.

Zwischen Indien und Pakistan – beides Atommächte – eskaliert der Konflikt um die Kaschmirregion.

Der INF-Vertrag ist bloss noch toter Buchstabe. Der New-Start-Vertrag, bei dem es um atomare Langstreckenraketen geht, müsste übernächstes Jahr verlängert werden. Es sieht überhaupt nicht danach aus, dass das passieren wird. Auch in anderen Ländern wird wieder in nukleare Rüstung und Raketentechnologie investiert, etwa in Nordkorea. Und zwischen Indien und Pakistan – beides Atommächte – eskaliert der Konflikt um die Kaschmirregion. Wohin man auch schaut, sieht es momentan düster aus.

Russland soll auch ein neues landgestütztes Raketensystem entwickelt haben. Was bedeuten diese jüngsten Entwicklungen für Europa?

Was den Test vom Sonntag in Kalifornien betrifft, so sagen die US-Amerikaner, dass diese neuen Raketen zunächst nicht in Europa stationiert werden sollen, sondern in Asien. Wirklich ein Grund zur Beruhigung in Europa ist das natürlich nicht. Denn wenn die Situation zwischen den beiden Grossmächten USA und Russland eskaliert, dann muss man sich nur eine Karte anschauen und sieht, dass Europa buchstäblich im Schussfeld liegt.

Donald Trump hat dieselbe Vorstellung wie seiner Zeit Ronald Reagan: Man könne den Gegner zu Tode rüsten.

Tatsächlich investieren die USA wieder sehr viel Geld in die Raketenrüstung. Ich glaube, US-Präsident Donald Trump hat dieselbe Vorstellung, die seiner Zeit einer seiner Vorgänger, Ronald Reagan, hatte: Man könne den Gegner zu Tode rüsten. Tatsache ist aber auch, dass Russland schon seit längerem Gas gibt in dem Bereich. Es wird vermutet, dass bei der jüngsten Explosion in Sibirien, bei der mehrere Menschen umkamen und ein Gebiet verstrahlt wurde, ein atomar angetriebener Marschflugkörper getestet wurde. Bewiesen ist das nicht. Aber all diese Signale tragen zur grössten Beunruhigung bei.

Das Gespräch führte Claudia Weber.

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