Letztes Jahr sind die Militärausgaben weltweit gestiegen, und zwar so stark wie seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervor. «Peace through strength», also «Frieden durch Stärke», hat es EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen genannt. Aber führen mehr Waffen tatsächlich zu mehr Sicherheit? Friedensforscherin Sara Hellmüller sagt: Jein.
SRF News: Frau Hellmüller, was sagen Sie als Friedensforscherin zu den gestiegenen Militärausgaben?
Sara Hellmüller: Die Beträge sind enorm, ganz klar. Es wurde schon immer mehr Geld in Waffen investiert als in Verhandlungen – Militärbudgets sind höher als die Budgets, die beispielsweise in UNO-Friedensmissionen fliessen.
Sicherheit geht über die reine Verteidigung hinaus.
Wir sehen diesen Fokus auf Verteidigung, weil viele Staaten unsicher sind. Es ist deshalb auch verständlich, dass sie aufrüsten.
Helfen denn Waffen dabei, die Welt sicherer zu machen?
Zur Abschreckung können Waffen natürlich sinnvoll sein. Was man aber in Betracht ziehen muss: Was für ein Land als Abschreckung gilt, also als defensive Aufrüstung, kann von einem anderen Land als offensiv wahrgenommen werden. Und dann steigt natürlich auch das Eskalationspotenzial.
Das heisst, eine falsche Zuckung oder Aussage kann schnell zur Eskalation führen?
Genau. Gerade in der aktuellen geopolitischen Weltlage besteht die Gefahr, dass etwas missverstanden werden kann. Vor allem unter den Grossmächten.
Salopp gefragt: Wie viele Waffen sind denn okay und wie viele zu viel?
Es geht weder darum, die Armee abzuschaffen und naiv darauf zu warten, dass man angegriffen wird, noch geht es um reine Aufrüstung. Sicherheit geht über die reine Verteidigung hinaus – sie bedeutet eben auch, dass es global weniger Konflikte gibt.
Waffen alleine können nicht mehr Frieden bringen.
Und da sind die zivile Friedensförderung und auch die Friedensförderung durch multilaterale Organisationen wie die UNO sehr wichtig.
Es braucht also weitere Massnahmen?
Waffen alleine können nicht mehr Frieden bringen. Es ist nicht ein Entweder-oder. Neben den Waffen braucht es eine klare politische Strategie und Investition in die zivile Friedensförderung.
Was bedeutet zivile Friedensförderung?
Zivile Friedensförderung heisst eine Investition in politische Verhandlungen und in lokale Strukturen in verschiedenen Ländern, damit das Konfliktpotenzial abnimmt.
Das Gespräch führte Raphaël Günther.