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In China boomen Indoor-Skianlagen
Aus SRF News vom 11.01.2022.
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Wintersportboom dank Olympia Ab auf die Indoor-Piste: China will eine Schneesportnation werden

Nicht nur Skigebiete profitieren vom staatlich angeordneten Boom. China ist heute weltweit Spitze beim Indoor-Skifahren.

In Wuxi, eine Stunde mit dem Schnellzug von Schanghai entfernt, schneit es praktisch nie. Trotzdem fährt Lily Li hier Snowboard: in einer Skihalle. «Wenn man in Südchina lebt und auf diese Weise aktiv sein möchte», sagt die Marketingassistentin, «gibt es nicht viele Alternativen.»

Die Chinesin steht heute zum vierten Mal auf dem Snowboard. Sie ist noch nie in den Bergen gefahren: «In der Halle ist der Start einfacher. Draussen ist es sehr gefährlich.»

Auf einer Skipiste in der Halle fahren Menschen. Eine Kulisse aus europäischen Häusern ist im Hintergrund zu sehen.
Legende: Gut «gepanzert» bei der ersten Abfahrt: Anfänger greifen bei ihrer Jungfernfahrt gerne auf Schoner, wie diese Schildkröte zurück. Die Schoner gibt es in allen Formen und Farben. SRF

China ist eine junge Wintersportnation. Viele Chinesinnen und Chinesen sind wie Lily Li Ski- und Snowboardfahren erst am Entdecken. Eine zunehmend wichtige Rolle spielen dabei Indoor-Anlagen.

China ist der weltweit grösste Markt für Indoor-Skifahren

Die meisten Skihallen in China stehen wie jene in Wuxi in einer Grossstadt. Oft sind sie das ganze Jahr über geöffnet und sind kombiniert mit einer Shopping-Mall. Von den Ski bis zum Skidress kann man alles vor Ort mieten. Der Eintritt inklusive Ausrüstung kostet je nach Hallengrösse zwischen 40 und 80 Franken.

Auf einer Bank sitzen drei Leute in Skikleidung. Sie schauen ins Handy. Hinter ihnen ist die Skipiste.
Legende: Nach dem Lebensmittel-Einkauf kurz auf die Piste? Kein Problem. Die Skihallen in China befinden sich oft in Malls und bieten auch einen Ausleihe-Service für Wintersportartikel an. SRF

Die Halle in Wuxi eröffnete vor drei Jahren. Im abgelaufenen Jahr erzielte sie gemäss der Betreiberin Sunac bereits 300'000 Eintritte. Das Geschäft mit Indoor-Skifahren wächst chinaweit rasant. 2013 gab es erst 5 Skihallen. Heute sind es deren 36.

Die Zahlen erhoben hat Berater Benny Wu. Er publiziert jährlich ein Weissbuch zur chinesischen Skiindustrie: «China ist heute der weltgrösste Markt für Indoor-Skifahren.» Kein anderes Land hat mehr Skihallen als China.

Der Skihallen-Boom nimmt noch lange kein Ende. Gemäss Benny Wu befinden sich aktuell rund 20 weitere Hallen im Bau: «Es ist sehr wahrscheinlich, dass es in China innerhalb von 2 bis 3 Jahren mehr als 50 Skihallen geben wird.» Die weltweit grösste Skihalle mit einer Fläche von 90'000 Quadratmetern soll Ende 2022 in Schanghai eröffnen.

In einer Indoor-Halle fahren Menschen auf Snowboards und Skiern den Schneehang hinunter.
Legende: Reges Treiben auf dem grossen Skihang in der Skihalle in Wuxi. In Shanghai soll dieses Erlebnis bald auch verfügbar sein. Die Halle soll eine Touristenattraktion werden: mit drei verschiedenen Abfahrten und einer Training-Strecke auf olympischen Niveau. SRF

Peking will 300 Millionen Chinesinnen und Chinesen für Wintersport begeistern

Das Indoor-Skifieber ist dabei von ganz oben verordnet. 2015, als China den Zuschlag für die Olympischen Winterspiele erhielt, hat sich Präsident Xi Jinping ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Bis zu den Spielen im Februar 2022 sollen 300 Millionen Chinesinnen und Chinesen mit Wintersport in Berührung kommen – rund ein Viertel der Bevölkerung.

Mit der Regierungskampagne «300 Millionen Eis- und Schneesportler» sind alle Provinzen im Land angehalten, den Wintersport zu fördern.
Autor: Benny Wu Autor Weissbuch zur chinesischen Skiindustrie

Für diesen Traum investierte das Land Milliarden an Franken in den Wintersport. «Viele Städte in China haben keine Berge und damit keine Möglichkeit für Outdoor-Skigebiete», sagt Benny Wu. «Aber mit der Regierungskampagne «300 Millionen Eis- und Schneesportler» sind alle Provinzen im Land angehalten, den Wintersport zu fördern.» Sprich, jene Städte, die keine Outdoor-Möglichkeiten haben, setzen auf Indoor-Schneesport.

Zwei Kinder fahren auf Skiern den Hang hinunter.
Legende: Gehört das Skifahren bald zur chinesischen DNA? Präsident Xi Jinping will auf jedenfall erreichen, dass 300 Millionen Chinesinnen und Chinesen mit Wintersport in Berührung kommen. Diese zwei Kinder scheinen gegen diesen Plan keine Einwände zu haben. SRF

Nebst Skihallen floriert auch das Geschäft mit Skisimulatoren

Vom staatlich angeordneten Wintersportenthusiasmus profitiert auch Snow51. Das chinesisch-österreichische Start-up hat sich auf Indoor-Skitraining auf Teppichsimulatoren spezialisiert. 2017 gegründet, betreibt Snow51 bereits 20 Läden in China. Allein im Januar sollen zwei weitere eröffnen.

Interview mit Bernhard Ratschiller, technischer Leiter Snow51

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Indoorskifahren ist in China generell am boomen, warum?

Sie haben durch die geografische Lage keine andere Möglichkeit. Ihnen fehlen die Berge, die sie nutzen können, so wie das bei uns in den Alpen der Fall ist. Deshalb ermöglichen sie den Wintersport durch solche Institutionen mit Indoor-Teppichen oder einer Indoor-Skihalle.

Welche Rolle spielen die anstehenden Olympischen Spiele beim Skiboom?

Sie spielen eine grosse Rolle - ohne die Winterspiele gäbe es nicht einen solchen Andrang. Dies wird durch die Regierung gepusht. Es wird überall Werbung gemacht - in den Schulen, in jeder Fernsehsendung. Dadurch interessieren sich die Leute vermehrt. In den letzten Jahren sind wir von 30 Mitarbeitern bis über 400 gewachsen. Das zeigt, dass es wirklich sehr steil nach oben geht.

Warum wird China vielleicht doch nicht so rasch die grossen Skinationen wie USA, Österreich, Frankreich oder die Schweiz einholen?

Weil das eine Sportart ist und keine Technologie, die man einfach übernehmen kann. Wir haben die methodischen Grundsätze und Trainingsmöglichkeiten über die letzten 60 bis 100 Jahre aufgebaut in Europa oder den USA. Um dies in einer Nation zu etablieren, braucht es einfach Zeit. Die Generationen müssen damit aufwachsen, müssen ein Bewusstsein und Verständnis für die Sportart entwickeln. Dass sie es schaffen werden, steht ausser Frage - aber in den nächsten fünf bis sechs Jahren ist das eher unrealistisch. Aber in den nächsten 20 Jahren mit Sicherheit.

Der Simulator ist nichts anderes als ein vier Meter breites Teppichrollband. Steigung und Geschwindigkeit lassen sich je nach Schwierigkeitsgrad anpassen. Damit die Reibung auf dem Teppich nicht zu gross ist, muss er ständig befeuchtet werden.

Das ist laut Bernhard Ratschiller, technischer Leiter von Snow51, auch der grösste Unterschied zum Fahren auf Schnee: «Man hat immer dieses Gefühl eines Widerstandes. Diesen Widerstand spürt man aber nicht, wenn man in den Schnee geht, dann rutscht man einfach.»

Das Hauptziel ist, dass die Kundinnen und Kunden von Beginn weg den Berg runterfahren können und nicht Stunden im Anfängerbereich verschwenden.
Autor: Bernhard Ratschiller Technischer Leiter von Snow51

Trotzdem würden sich seine Schülerinnen und Schüler rasch umgewöhnen. «Das Hauptziel ist», so Bernhard Ratschiller, «dass die Kundinnen und Kunden von Beginn weg den Berg runterfahren können und nicht Stunden im Anfängerbereich verschwenden.»

«Skihallen produzieren Skifahrer wie eine Fabrik»

Beim Indoor-Skiboom in China geht es aber um weit mehr als Freizeitvergnügen für Städter und Anfängerinnen. Die gesamte Skiindustrie in China soll profitieren, erklärt Zahlenexperte Benny Wu: «Skihallen kultivieren 365 Tage im Jahr neue Schneesportlerinnen. Sie produzieren konstant Skifahrer wie eine Fabrik.» Auf sie warten in China 679 Outdoor-Skigebiete.

Der Wintertourismus wird in China zunehmend ein Wirtschaftsfaktor. Benny Wu rechnet bei einem weiterhin so konstant wachsendem Markt damit, dass das Land bald die Top-Märkte einholen wird: «Das könnte vielleicht in etwa zehn Jahren der Fall sein.»

Die USA, Frankreich und Österreich generierten vor Ausbruch der Pandemie pro Saison rund 50 Millionen Tageseintritte. Zum Vergleich: Inklusive Indoor-Skifahren kommt China aktuell auf knapp 21 Millionen Eintritte.

Menschen stehen an einem Förderband an um wieder ans obere Ende der Ski-Piste zu gelangen.
Legende: Immer mehr Chinesinnen und Chinesen werden vom Wintersport-Fieber gepackt. Aktuell werden deshalb in China 20 weitere Indoor-Hallen gebaut. SRF

Auch wenn in China mittlerweile Millionen an Leuten Ski und Snowboard fahren, ist der Weg zur Skination noch weit. «Das ist eine Sportart und nicht eine Technologie, die man einfach übernehmen kann», erklärt Bernhard Ratschiller. 

Hinter der Schneepiste steht eine Kulisse von Häusern, die ein Winterdorf darstellen.
Legende: Auch wenn die Kulisse an ein malerisches Winterdorf aus Europa erinnert, verinnerlicht muss die Leidenschaft für Wintersport in China erst noch werden. SRF

«Wir haben den Schneesport in Europa oder den USA über die letzten 60 bis 100 Jahre aufgebaut. Um dies in einer Nation zu etablieren, braucht es Zeit. Generationen müssen damit aufwachsen.» Er schätzt, dass China frühestens in zwanzig Jahren so weit sei.

Wenn ich super erfahren bin, gehe ich definitiv ins Freie.
Autor: Lily Ly Marketingassistentin

Indoor-Snowboarderin Liliy Li hat das Schneesportfieber auf jeden Fall gepackt: «Ich mag das Gefühl, wie sich der Körper bewegt.» Mit der ersten Abfahrt draussen am Berg will sie sich allerdings Zeit lassen: «Wenn ich super erfahren bin, gehe ich definitiv ins Freie. Aber vorher brauche ich noch mehr Übung.»

10vor10, 10.1.22, 21:45 Uhr

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