Manar Deeb drückt ihre Zigarette aus und heisst den unangekündigten Besuch aus der Schweiz willkommen. Seit drei Jahren arbeitet Deeb in der Kommunikationsabteilung des Wirtschaftsministeriums. Der Blick aus ihrem Bürofenster geht auf den Qasioun, den Damaszener Hausberg.
Es ist erst eine Woche her, dass das alte Regime gestürzt wurde und sie neue Chefs erhalten hat. Glatt sei das gelaufen: «Es gab kein Chaos», sagt Deeb. «Die alte Verwaltung endete mit dem Sturz des Regimes, und es kam eine neue Verwaltung, die die Dossiers übernahm und sofort zu arbeiten begann.»
Viele Frauen sitzen in wichtigen Positionen der Verwaltung, sie können nicht so einfach ersetzt werden.
Wie zahlreiche andere Beamte hat auch Manar Deeb ihre Stelle behalten und einfach weitergearbeitet. Nicht ohne gewisse Vorbehalte, wie sie erzählt: «Nach dem ganzen medialen Lärm um die Präsenz von Frauen machte ich mir Sorgen. Aber die neuen Leute behandelten uns mit grossem Respekt. Ausserdem sitzen viele Frauen in wichtigen Positionen der Verwaltung, sie können nicht so einfach ersetzt werden.»
Deeb trägt ihr schulterlanges braunes Haar offen. Dass sie gegenüber der islamistisch geprägten Übergangsregierung gemischte Gefühle hat, verhehlt sie nicht. Kompliziert sei es, sagt sie. Nach so viel Zerstörung und Krieg wolle sie aber mithelfen, ein neues Syrien aufzubauen. «Persönlich hoffe ich das Beste. Aber Worte allein machen keine Zukunft, sondern Taten.»
Weg von Korruption, hin zu freier Marktwirtschaft
Basil Abdulaziz Abdulhanan, der Wirtschaftsminister der Übergangsregierung, empfängt uns wenig später freundlich in seinem prunkvollen Büro, das er von seinem Vorgänger übernommen hat. Der studierte Ingenieur aus Aleppo besetzte bis vor kurzem den Posten als Wirtschaftsminister in Idlib, der Rebellen-Enklave im Norden Syriens. Dass er jetzt das Ministerium in der Hauptstadt leitet, hätte er sich nicht träumen lassen.
Doch Zeit zum Feiern habe er nicht, es gebe viel zu tun. Die Übergangsregierung arbeite mit den vorherigen Ministern zusammen, für eine geordnete Übergabe der Institutionen. Abdulaziz nimmt sich den Umbau der syrischen Wirtschaft vor:
«Das jetzige System basiert auf Sozialismus und Totalitarismus. Und mittlerweile ist es nichts anderes als institutionalisierte Korruption», sagt der Minister. Nun müssten die staatlichen Institutionen angepasst werden, damit der Übergang zu einer freien Marktwirtschaft gelinge. Dazu wolle man alle relevanten Akteure einbeziehen. So habe er etwa bereits die Vertreter der Handelskammern getroffen.
Die militärische Schlacht ist vorbei, jetzt beginnt der wirkliche Kampf.
Übergangsminister Basil Abdulaziz ist sich der enormen Herausforderungen bewusst, die Syrien zu bewältigen hat: «Die militärische Schlacht ist vorbei, jetzt beginnt der wirkliche Kampf, der Kampf um den Aufbau der Verwaltung und der Regierung.»