Per-Erik Stenberg ist Rentierzüchter. Wie schon sein Vater, sein Grossvater und Urgrossvater. Darauf ist der 57-jährige Same, einer von gut 100'000 Angehörigen dieses europäischen Urvolkes, sehr stolz.
Er ist aber auch sehr besorgt: «Der Lebensraum unseres wichtigsten Wirtschaftszweiges, der Rentierzucht, wird immer mehr eingeengt», sagt Stenberg, der bis vor kurzem der Laevu-Gemeinde der Samen vorstand. Diese Gemeinde umfasst auch das Gebiet der nördlichsten Stadt Schwedens, Kiruna.
Das hier 1993 geschaffene Parlament des von Schweden verwalteten Teiles des samischen Stammgebietes hat sich, so Per-Erik Stenberg kritisch, als viel zu machtlos erwiesen: «Dem Expansionsdrang der Kolonialmacht haben wir nichts entgegenzusetzen», sagt der Rentierzüchter. Seine einzige Hoffnung bleibt das Höchste Gericht Schwedens: Dieses hat sich im vergangenen Jahr in einem historischen Urteil erstmals auf die Seite der Urbevölkerung gestellt.
Sprache als wichtiges Instrument
In Jokkmokk, gut 200 Kilometer südlich von Kiruna, hat Henrik Blind die Hoffnung auf eine selbstbestimmtere und selbstverwaltete Zukunft der Samen noch nicht aufgegeben: «Wir müssen unserer Stimme Nachdruck verleihen», sagt der 42-jährige Samisch-Sprachlehrer, dessen Vorfahren seit Jahrhunderten im Gebiet von Jokkmokk Rentiere gezüchtet und gejagt haben.
Aber wie viele andere jüngere Samen engagiert sich Blind heute im Bildungssektor des nordeuropäischen Urvolkes. «Wir sind ein kleines Volk in einem grossen Land, nur wenn wir unsere Kultur und Sprache weiterentwickeln, haben wir eine Zukunft», betont Blind.
Zu dieser Zukunft gehöre auch der Plan, dass die Samen, die sich selbst Sami nennen, ihre verschiedenen Vertretungen in Schweden, Finnland und Norwegen künftig am gleichen Tag wählen können. Bislang finden diese Wahlen in verschiedenen Jahren statt.
Norwegens und Schwedens Samen-Politik
Das Volk der Samen zählt heute noch knapp 100'000 Menschen, verteilt über vier Staaten am Nordrand Europas: Schweden, Norwegen, Finnland und Russland. Sapmi, das Stammland, ist fast 400'000 Quadratkilometer gross.
Während die Autonomierechte der Samen sowohl durch internationale wie auch europäische Bestimmungen garantiert sind, wenden die verschiedenen nordischen Länder diese ganz unterschiedlich an.
Das wurde unlängst beim Gipfeltreffen der Arktis-Anrainer in Reykjavik deutlich: Hier teilte die norwegische Aussenministerin ihren Tisch und ihre Redezeit hälftig mit der norwegischen Präsidentin des Parlamentes der Samen. Die schwedische Aussenministerin hingegen sass allein am Tisch und erwähnte die Samen in ihren Ausführungen mit keiner Silbe.