Darum geht es: In Spanien herrscht Wohnungsnot, vor allem in den Grossstädten und den Tourismusgebieten. Nun hat Regierungschef Pedro Sánchez ein Paket mit zwölf Massnahmen vorgestellt. Nicht-EU-Ausländer etwa sollen künftig den Immobilienwert bis zu 100 Prozent versteuern, wenn sie in Spanien ein Haus oder eine Wohnung kaufen. Ähnlich halten es Dänemark oder Kanada. Das würde auch Staatsangehörige der Schweiz oder Grossbritanniens treffen. Noch ist es nur ein Plan mit ungewissen Chancen.
Die Lage: Vor allem in Grossstädten wie Barcelona sind die Mieten in den letzten zehn Jahren um 60 Prozent gestiegen, die Immobilienpreise um gut 40 Prozent. Mehr als die Hälfte des Einkommens fliesst in Wohnraum: Alleinverdienende können sich eine Wohnung kaum leisten. Familien ziehen an den Stadtrand mit langen Arbeitswegen. Junge Arbeitstätige müssen im Elternhaus bleiben, weil ihr Gehalt für eine eigene Mietwohnung nicht reicht.
Das Ausmass: 2024 wurden in Spanien 27.000 Wohnungen und Häuser an Nicht-EU-Ausländer verkauft, wie die freie Journalistin Julia Macher in Barcelona erklärt: Aber in beliebten Urlaubsregionen wie den Balearen oder Kanaren geht über ein Drittel aller verkauften Wohnungen an meist wohlhabende Ausländer. Das verknappt dort den Wohnraum und treibt die Preise in die Höhe. In diesen Regionen können sich Spanierinnen und Spanier mit einem Durchschnittsgehalt kaum mehr eine eigene Wohnung leisten, was für grossen Unmut sorgt. Entsprechend überlegt sich Sánchez auch, die Vermietung von Ferienwohnungen höher zu besteuern.
Das linke Gesamtpaket: Die Massnahme einer 100-Prozent-Steuer für Nicht-EU-Ausländer wurde bisher vor allem von Branchenvertretern aus den Küstenregionen kritisiert. Sie argumentieren, dass die meisten Nicht-EU-Ausländer in Spanien ohnehin Immobilien kauften, die sich Normal-Spanier gar nicht leisten könnten. Der Blick der spanischen Medien und Politik richtet sich denn auch auf das Gesamtpaket von Sánchez. Dazu gehört der Bau von mehr Sozialwohnungen. Zudem die Gründung einer staatlichen Agentur für Wohnungsbau, die Vorrang beim Kauf vom Wohnungen und Bauland hätte. Steuern für Vermieter würden sinken, wenn sie ihre Mietzinsen im Referenzrahmen halten würden.
Das konservative Wohnungsprogramm: Die konservative Opposition kritisiert diese Massnahmen zum Teil als interventionistisch, aber auch als abgekupfert. Die Konservativen haben am Wochenende ihr eigenes Wohnungsprogramm vorgestellt. Es will den Wohnungsbau vor allem durch eine liberalere Bodenreform und durch Steuersenkungen fördern.
Das neue Wohnraumgesetz : Seit 2024 gibt es in Spanien ein neues Wohnraumgesetz mit einer Mietpreisbremse. Regionalregierungen können in besonders angespannten Gebieten die Preise deckeln. Doch die überwiegend konservativen Regierungen wenden das Gesetz der sozialistischen Regierung nicht an. Die Mietpreisbremse gilt bisher nur in Katalonien. Dass Sánchez mit seiner Minderheitsregierung genügend Stimmen für sein neues Gesamtpaket in Parlament finden wird, ist nicht sicher. Das weiss er. Entsprechend appelliert er an die Konservativen, bei der Mietpreisbremse mitzuziehen. Diese wirkte zwar in Barcelona, doch damit ging auch das Angebot weiter zurück. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht, schätzt Macher.