Bunt, vielfältig und offen für alle: Diversity war lange ein Kernthema für grosse Unternehmen. Menschen mit unterschiedlichsten Biografien sollten am Arbeitsplatz vereint werden. Natürlich schmückten sich die Konzerne auch gerne mit ihren «Diversity Boards». Denn Image ist alles.
Politisch hat der Wind inzwischen gedreht: Um Themen wie Gender, Inklusion und Diversität ist gerade in den USA ein Kulturkampf entbrannt, mit dem der designierte US-Präsident Donald Trump erfolgreich Wahlkampf gemacht hat.
Kniefall vor Trump
Bewarben sich US-Konzerne lange Jahre mit Diversity-Quoten und Gender-Identifikation, hält nun eine andere «Sensibilität» Einzug. Nämlich diejenige, dass «Diversity, Equity and Inclusion» (DEI) im aktuellen politischen Klima geschäftsschädigend sein können.
Immer mehr US-Konzerne fahren ihre Diversity-Programme zurück. So etwa McDonald’s, der Supermarktriese Walmart und jüngst auch der Facebook-Konzern Meta.
McDonald’s bewarb sich in den letzten Jahren offensiv mit seiner inklusiven Unternehmenskultur. Die Kampagne «Come as you are» («Komm, wie du bist») sollte einen Arbeitgeber zeigen, der alle mit offenen Armen empfängt.
In einem Schreiben an die Belegschaft teilte der Fast-Food-Gigant nun mit, seine Zielvorgaben für Diversität im Unternehmen zu streichen.
Daniela Frau forscht an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zum Thema Diversity und berät auch Unternehmen dazu. Für die Ökonomin ist der «Backlash» der US-Konzerne weniger juristisch als politisch motiviert: Dass Trump ins Weisse Haus einzieht, habe einen «erheblichen Einfluss» auf die Diversitäts- und Inklusionsprogramme der Unternehmen.
US-Unternehmen haben sehr stark Identitätspolitik betrieben.
Zudem wollen sich die Firmen offenkundig bei einer Kundschaft andienen, die unmusikalisch für «DEI» geworden ist. Namhafte US-Konzerne haben auch ihre Teilnahme an einer jährlichen Erhebung von Human Rights Watch aufgekündigt, die die Inklusion von LGBTQ+-Menschen am Arbeitsplatz auswertete.
Die Ankündigungen werfen für die Ökonomin auch die Frage des «Pinkwashing» auf. Anstelle einer nachhaltigen Veränderung der Unternehmenskultur ging es vielen Firmen wohl eher um «Profit mit Pride», also schlicht um Selbstvermarktung.
Schweiz hat «andere Story»
Eine oft vorgebrachte Kritik an Diversity-Programmen ist, dass diese neue Diskriminierungen schaffe. Nämlich dann, wenn man selbst zu keiner Minderheit gehört und deswegen Nachteile auf dem Arbeitsmarkt erfährt.
Dies sei ein kritischer Punkt der Debatte in den USA, sagt die Forscherin. Dass dort vermehrt «People of color» gefördert wurden, habe auch mit der Geschichte der Rassendiskriminierung in den USA zu tun. «US-Unternehmen haben hier sehr stark Identitätspolitik betrieben.»
Auf die Schweiz übertragen lasse sich diese Debatte aber nicht, sagt die Forscherin: «Wir haben eine andere Story.» Hierzulande würden Unternehmen prioritär die Gleichstellung der Geschlechter vorantreiben. Zudem fokussierten Initiativen auf Diskriminierung und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz. «Gerade grosse Unternehmen haben dabei die Gesetzeslage im Blick und wollen natürlich auch einen inklusiven Arbeitsplatz ermöglichen.»
Wie sich die Debatte bei uns entwickeln wird, ist laut der Ökonomin offen. «Es kann sein, dass es mehr Massnahmen geben wird, die alle Gruppen ansprechen sollen und auf eine offene Kultur in den Unternehmen setzen.»