Zum Inhalt springen

WWF-Bericht Artenvielfalt unter Druck – Überblick über Verlierer und Gewinner

Die globale Biodiversität ist laut Umweltorganisation WWF weiterhin massiv gefährdet. Doch es gibt einige Lichtblicke.

Darum geht es: Der Umweltorganisation WWF zufolge sind die untersuchten Wildtierpopulationen in den letzten 50 Jahren um durchschnittlich 73 Prozent geschrumpft. Auch in diesem Jahr sind laut WWF-Artenschutzbilanz 2024 weltweit viele Wildtier- und Pflanzenbestände zurückgegangen.

Grosser Anteil an Bäumen auf Roter Liste

Box aufklappen Box zuklappen

Zum ersten Mal wurde die Mehrheit der Bäume weltweit in die Rote Liste der bedrohten Arten aufgenommen. Dabei zeigte sich, dass mindestens 16'425 der 47'282 bewerteten Arten vom Aussterben bedroht sind, 38 Prozent der Arten. Die grösste Bedrohung betrifft Baumarten auf Inseln, verursacht durch Entwaldung, invasive Arten und Schädlingsbefall.

Der Verlust von Wäldern stellt auch eine erhebliche Gefahr für Tausende andere Pflanzen-, Pilz- und Tierarten dar. Als entscheidende Bestandteile vieler Ökosysteme spielen Bäume eine fundamentale Rolle im Kohlenstoff-, Wasser- und Nährstoffkreislauf, bei der Bodenbildung und in der Klimaregulierung.

(WWF)

In der Schweiz gefährdet: Wölfe, Igel und der Goldlaufkäfer sind laut WWF in der Schweiz besonders betroffen. «Beim Igel zeigt sich, dass die Bestände bei uns deutlich zurückgehen», erklärt Jonas Schmid, Mediensprecher WWF Schweiz. Er gelte seit diesem Jahr als potenziell gefährdet. «Der Grund liegt darin, dass wir viel intensive Landwirtschaft haben, welche die vielfältigen Lebensräume in den traditionellen Kulturlandschaften vernichtet.» Der Ersatzlebensraum des Igels wäre wiederum das Siedlungsgebiet. «Doch auch diese Lebensräume schwinden durch Schottergärten, Strassen und unüberwindbare Zäune», so Schmid.

Der Naturverlust schreitet rasant voran, weltweit.
Autor: Jonas Schmid Mediensprecher WWF Schweiz

Das Problem: Die Geschichte des Igels zeige, dass die Ursachen meist menschengemacht sind. «Da ist die Lebensraumzerstörung, die Übernutzung unserer Ressourcen, die Wilderei, die invasiven Arten und die Umweltverschmutzung sowie die Klimakrise, die den Wildtieren stark zusetzen», meint Schmid. «Der Naturverlust schreitet rasant voran, weltweit, und zwar mit einer Geschwindigkeit, die unsere Schutzbemühungen immer wieder überholt.»

Einige Verlierer der WWF-Artenschutz-Bilanz 2024

Die Forderungen: Um das Artensterben zu stoppen, fordert der WWF eine «Naturschutz-Offensive» und eine grundsätzliche Trendumkehr zugunsten der Natur. So soll zum Beispiel die Gesamtfläche der Schutzgebiete deutlich zunehmen. Das international vereinbarte Ziel ist es, bis 2030 ihr Anteil auf 30 Prozent der Land-, Wasser- und Meeresfläche zu erhöhen. Die Schweiz trage dieses Ziel zwar mit, sei selbst aber noch weit davon entfernt. Schmid vom WWF Schweiz schlägt vor, «dass wir die Fläche erhöhen, auf der die Biodiversität konkret gefördert wird. Das bedeutet aber nicht, dass andere Aktivitäten auf dieser Fläche nicht möglich wären, also zum Beispiel Landwirtschaft.» Es gehe darum, beides miteinander besser zu vereinbaren.

Gute Nachrichten: Es gibt aber auch Lichtblicke. So erhole sich beispielsweise die Population der «Unechten Karettschildkröte» im Mittelmeer. Und in Südostasien seien wieder mehr Tiger gezählt worden. Schliesslich habe sich der Iberische Luchs so ausgebreitet, dass er nicht mehr zu den «stark gefährdeten» Arten zähle. In der Schweiz zählt wiederum der Weissstorch zu den Gewinnern. «Die Gewinnerarten 2024 zeigen, dass sich unser Einsatz für den Schutz der bedrohten Arten und Lebensräume lohnt», erklärt Schmid. 1950 war der Weissstorch in der Schweiz ausgestorben, aber dank des Engagements von Freiwilligen konnten an immer mehr Orten Störche angesiedelt werden. Heute leben wieder fast 900 Brutpaare in der Schweiz. «Das heisst, das Ziel von 300 Paaren im Jahr 2024 wurde deutlich übertroffen», so Schmid.

Auch der Fischotter ein Gewinner in der Schweiz

Box aufklappen Box zuklappen
Otter auf moosbedecktem Baumstamm.
Legende: Keystone/Michael Buholzer

Bis zum Zweiten Weltkrieg wurde der Otter intensiv als Fischschädling bejagt. Seit 1952 ist der Fischotter in der Schweiz zwar geschützt, 1989 verschwand aber der letzte wildlebende Otter am Neuenburgersee. 2009 tappte ein Fischotter in Reichenau in eine Fotofalle.

Seither wanderten weitere Otter aus Österreich und Frankreich in die Schweiz ein. Zusammen mit den Nachkommen von entwischten und später wieder eingefangenen Ottern an der Aare leben Fischotter wieder an fünf Gewässern in der Schweiz. Dank Kläranlagen und Flussrevitalisierungen findet der anpassungsfähige Fischjäger wieder mehr geeignete Lebensräume in der Schweiz.

(WWF)

SRF 4 News, 27.12.2024, 3 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel