Darum geht es: Nach dem gescheitertem Rücktrittsangebot von Italiens Ministerpräsident Mario Draghi ist unklar, ob er als Regierungschef überhaupt weitermachen will. Am Mittwochvormittag wird der parteilose Ökonom in der kleineren der beiden Parlamentskammern, dem Senat, erwartet und soll dort über die politische Situation berichten. Wegen der mehrstündigen Generaldebatte im Anschluss dürfte das erwartete Vertrauensvotum erst am späten Abend beginnen.
Das ist passiert: Auslöser der Regierungskrise war das ausgebliebene Vertrauen der mitregierenden Fünf-Sterne-Bewegung für Draghis Kabinett bei einer Abstimmung zu einem milliardenschweren Hilfspaket im Senat. Seine Regierung erhielt zwar auch ohne die Sterne-Stimmen die nötige Mehrheit, aber laut Draghi war der «Pakt des Vertrauens» gebrochen. Denn er machte eine Beteiligung der Fünf Sterne bis zuletzt zu einer Bedingung für eine Regierung unter ihm.
Er bot danach seinen Rücktritt an, Staatspräsident Sergio Mattarella lehnte diesen aber ab und schickte ihn ins Parlament, um sich dort zu rechtfertigen. Die vom Umfragetief und Parteiaustritten ins Wanken geratene Fünf-Sterne-Bewegung forderte danach, dass Draghi auf ihre politischen Forderungen eingehe. In der populistischen Partei des Juristen Giuseppe Conte droht sich mittlerweile laut Medien eine weitere Abspaltung an.
Das ist von der Fünf-Sterne-Bewegung zu erwarten: Wie sich die Anti-Establishment-Partei am Mittwoch bei der Abstimmung verhalten wird, ist unklar. Der Chef der Sozialdemokraten, Enrico Letta, rief die Bewegung zur Unterstützung der Regierung auf. Beobachter sehen eine entscheidende Möglichkeit in der Spaltung: Einige Sterne-Politiker könnten entgegen einer etwaigen Parteilinie, nicht abzustimmen, dennoch für Draghi votieren. So hätte er die geforderte Rückendeckung der Fünf Sterne – und Mitte-Rechts könnte diese als Abspalter statt Sterne-Mitglieder betrachten.
Das könnte passieren: Hält der 74-Jährige an seinem Rücktritt fest, könnte Staatschef Sergio Mattarella in der Folge die Parlamentskammern auflösen und damit eine vorgezogene Wahl einleiten. Möglich wäre auch, dass der frühere Chef der Europäischen Zentralbank mit dem ausgesprochenen Vertrauen weiter regiert. Entscheidend wird, was Draghi in seiner Rede sagt. Nach dem Senat muss er noch in die grössere Abgeordnetenkammer, was aber erst für Donnerstag erwartet wird.