Vor zwei Jahren wusste noch niemand, was Italien erwartet. Giorgia Meloni wurde als erste Frau und als Vertreterin der postfaschistischen Fratelli d’Italia zur neuen Ministerpräsidentin ernannt. Inzwischen nimmt ihre rechtskonservative Agenda immer konkretere Züge an.
Aktuellstes Beispiel für Melonis Reformeifer ist das Gesetz gegen Leihmutterschaft, das jetzt auch aufs Ausland ausgeweitet wurde. Italienerinnen und Italiener, die sich im Ausland um Leihmutterschaft bemühen, riskieren bis zu zwei Jahre Gefängnis und eine Geldstrafe von bis zu einer Million Euro. Die Ministerpräsidentin hat ausserdem entschieden, dass in Kliniken für Frauen, die abtreiben wollen, Vereine zugelassen sind, die explizit gegen Abtreibungen kämpfen. Die Regelung verschärft den Druck auf Frauen, die ihre Schwangerschaft abbrechen wollen, massiv. Auch die Rechte homosexueller Eltern hat die Ministerpräsidentin eingeschränkt. Mit vielen kleinen Schritten wie diesen verändert Meloni Italien schleichend und zeigt zunehmend Härte.
1000 Euro für Neugeborenes
Melonis Reformen beinhalten auch soziale Züge – Meloni will Familien unterstützen und die Geburtenrate ankurbeln. So hat sie im neusten Entwurf des Haushaltsgesetzes einen Zustupf von 1000 Euro für jedes Neugeborene vorgesehen und einen dritten Monat bezahlten Elternurlaub. Solche kosmetischen Eingriffe werden aber kaum reichen, um die Geburtenzahl zu erhöhen.
Meloni musste in den letzten zwei Jahren auch Rückschritte machen. Ihre harte Linie in der Migrationspolitik ist mittlerweile ziemlich aufgeweicht. Von Seeblockaden spricht heute niemand mehr. Mit neuen Projekten wie Aufnahmezentren in Albanien versucht Meloni nun, gegen die irreguläre Migration vorzugehen und Europa ein neues Modell aufzuzeigen – allerdings läuft es aktuell nicht wie gewollt. Die Gerichte im eigenen Land haben das Projekt vorerst ausgebremst.
In der Aussenpolitik gibt sich Meloni nach wie vor pragmatisch. Sie steht an der Seite der EU, denn sie weiss, Italien braucht das Geld aus dem EU-Rettungsfonds.
Schwierige «Mutter aller Reformen»
Grosse Reformen sucht man in diesen zwei Jahren seit Amtsantritt vergebens. Beispielsweise die von ihr angestrebte Verfassungsänderung, die «Mutter aller Reformen», wie sie Meloni gerne bezeichnet. Damit soll die Ministerpräsidentin künftig direkt vom Volk gewählt werden und die stärkste Partei einen Mehrheitsbonus im Parlament erhalten. Es ist ein höchst umstrittenes Vorhaben – eines, das ihr als Regierungschefin mehr Macht geben würde.
Meloni will die Verfassungsrevision unbedingt umsetzen. Das hat sie schon bei Amtsantritt erklärt. Dafür braucht es aber eine Zweidrittelmehrheit, und zwar in beiden Parlamentskammern. Ein äusserst schwieriges Unterfangen – ein Referendum ist deshalb wahrscheinlich. Und erst dann wird sich zeigen, ob die Italienerinnen und Italiener Melonis ambitionierten Plan für Italien mittragen und ihr den Weg zur grossen Reform ebnen.