Während Europa in einen sorgenvollen Herbst startet, keimt im neuseeländischen Frühling Hoffnung auf: Nach Angaben der Regierung hat das Land die Corona-Situation in den Griff bekommen – zum zweiten Mal seit Beginn der Pandemie.
«Das ist ein grosser Meilenstein. Die Neuseeländerinnen und Neuseeländer haben das Virus erneut durch ihr gemeinsames Handeln zum Schweigen gebracht», teilt Gesundheitsminister Chris Hipkins mit.
Man kann den Feind schlichtweg nicht bekämpfen, wenn man nicht weiss, wo er sich versteckt.
Schon im Juni erklärte sich Neuseeland für coronafrei und kehrte zu einem recht normalen Alltag zurück – bis im August lokale lnfektionen in der Metropole Auckland auftraten. Prompt verordneten die Behörden einen zweiten Lockdown. Getreu dem Motto von Premierministerin Jacinda Ardern: «Go hard, go early» (dt. «frühzeitig und kompromisslos eingreifen»).
«Neuseeland hat jeweils sofort strikte Massnahmen eingeführt und nicht lange gezögert, wie das in anderen Ländern der Fall gewesen ist», weiss Urs Wälterlin, der die Situation vom Nachbarland Australien aus beobachtet. Die Regierung folgt zudem dem Mantra der Epidemiologen: Testen, Testen, Testen. Auch das war laut Wälterlin ein Mittel zum Erfolg. «Man kann den Feind schlichtweg nicht bekämpfen, wenn man nicht weiss, wo er sich versteckt.»
Lockdown-geprüfte Nation
Von wie langer Dauer die neuseeländische Corona-Freiheit sein wird, weiss derzeit niemand. Gesundheitsminister Hipkins forderte seine Landsleute auf, weiter wachsam zu sein, um Rückfälle zu vermeiden. Ansonsten könnte es ein drittes Mal heissen: «Go hard, go early». Das dürfte die Disziplin der Bevölkerung auf eine harte Probe stellen.
Zwar gab es in den letzten Monaten auch vereinzelt Widerstand gegen die Lockdown-Politik der Regierung. «Aber, und das ist sehr erfreulich: Es zeigte sich sehr rasch eine grosse Solidarität», berichtet der SRF-Mitarbeiter. Viele Menschen hätten beispielsweise ganz bewusst in kleineren Cafés und Restaurants eingekauft, die auf Take Away umstellen mussten.
Insgesamt ist Neuseeland bisher glimpflich durch die Krise gekommen. So gibt es erst 1508 bestätigte Corona-Fälle und «nur» 25 Tote, die mit dem Virus infiziert waren. «Unter dem Strich siegte im Kampf gegen das Virus der Gedanke an das Gemeinwohl», sagt Wälterlin.
Der Regierung Ardern sei es gelungen, die Bevölkerung davon zu überzeugen, dass es sich um eine existenzielle Bedrohung des Landes handle. Bei allem berechtigten Lob an Arderns Führungsstärke erlaubt sich Wälterlin auch eine «ketzerische Bemerkung»: «Neuseeland ist eine Inselnation. Man kann nicht einfach hereinspazieren – das macht einen Lockdown einfacher.»