«Heute ist ein ‘PCR’-Test ebenso wichtig wie ein Pass», sagt Andy Moser. Letzten September meldete er sich im Drive-In-Testcenter «BernExpo» für einen «PCR» an. Damit wollte er in Russland heiraten. «Der Test entscheidet an der Grenze knallhart, ob man reinkommt oder nicht», sagt der Informatiker, der sich nicht nur in Bern, sondern auch schon am Flughafen Zürich hat testen lassen. Zufälligerweise immer mit dem gleichen Test namens «Ender Easy». Doch diesmal steht auf dem Laborbericht nicht «PCR», sondern «NAAT»:
Am Zoll in Russland ein Problem: «Ich habe mich für einen ‘PCR’ angemeldet und bekomme dann vom Labor etwas anderes», nervt sich Moser. Was er damals nicht wusste: «NAAT» ist ein Überbegriff für verschiedene molekularbiologische Tests. Darunter fallen «PCR»-Tests, der Goldstandard, aber eben auch weniger zuverlässige Produkte.
Kommerziell ein Erfolg
«Ender Easy» ist eine Entwicklung des Berner StartUps «Ender». Er war der erste Spuck-Test auf den Markt und wurde vielerorts in der Schweiz eingesetzt: Am Flughafen Zürich für Flugpersonal und Reisende oder im Bundeshaus für die Parlamentarier:Innen während der Frühjahrs- und Sommersession. Wie viele Tests die Firma in der Pandemie verkauft hat, will «Ender» nicht sagen. Der Vorteil des «Ender Easy»: Er kommt im Labor schneller zum Resultat als eine klassische «PCR» und braucht dafür auch weniger Personal und Geräte.
Zu wenig genau laut WHO
Der Blick in die Packungsbeilage zeigt aber auch, dass er weniger empfindlich ist als andere Tests. Um eine Infektion aufzuspüren braucht «Ender Easy» 150'000 Viren pro Milliliter Flüssigkeit. Zum Vergleich: Es gibt Tests, die Corona schon mit 46 Viren entdecken. Die WHO empfiehlt für Labortests eine untere Nachweisgrenze von 1000 Viren pro Milliliter. Der «Ender Easy» liegt 150 Mal darüber.
Zuverlässige Tests verhindern Ansteckung
Mikrobiologe Adrian Egli sagt: «Ender Easy ist laut Packungsbeilage ein sogenannter isothermaler Amplifikationsnachweis, das ist NICHT ein ‘PCR’. Die Empfindlichkeit dieses Verfahrens ist tiefer als von einer normalen PCR.» In seinem Labor im Universitätsspital Basel kommt der Goldstandard zum Einsatz, ein Real-Time-«PCR». Mit gutem Grund sagt Egli: «Je genauer so ein Test ist, desto schneller findet man natürlich jemanden, der möglicherweise andere Personen ansteckt.»
Ich hoffte einfach, dass der Zöllner diesmal nicht so genau hinschaut.
Liebesglück mit Mogeln
Wegen des Begriffs «NAAT» kam Andy Moser vor der Abreise in Stress. Er konnte weder jemanden beim Kanton Bern, der Betreiberin des Testcenters, erreichen noch die Herstellerin «Ender». Auf Anfrage des «Kassensturz» sagen Behörde und Herstellerin, es liege in der Verantwortung der Reisenden, die richtigen Papiere zu organisieren. Doch: Andy Moser hat alles richtig gemacht. «Ich hoffte einfach, dass der Zöllner diesmal nicht so genau hinschaut.» Er tackerte den Laborbericht zuhinterst an seine Reisedokumente und hatte Glück: Am 24. September heiratete Andy Moser seine Freundin – trotz falscher Test-Papiere.