Der Klimawandel und die Biodiversität sind eng miteinander verflochten, doch viele dieser Verbindungen sind noch wenig erforscht. Nun haben der Weltklimarat (IPCC) und der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) erstmals einen Bericht verfasst, der die beiden Krisen zusammen unter die Lupe nimmt.
Das Gleichgewicht gerät ins Wanken
Dass immer mehr Staaten ihre Massnahmen zur CO2-Reduktion verstärken, ist eigentlich auch für die Artenvielfalt eine gute Nachricht, denn viele Tiere und Pflanzen leiden unter der Erderhitzung. Sie müssen in kühlere Regionen ausweichen und bringen dort das ökologische Gleichgewicht durcheinander.
Sesshaften Organismen wie Korallen droht bei wärmerem Wasser der Tod. Und Wälder leiden unter Dürrestress, sagt der Ökologe Markus Fischer von der Universität Bern. Er ist an dem Bericht von IPCC und IPBES mitbeteiligt.
«Aber wenn man jetzt Massnahmen ergreift, die nur ganz eng auf Klimaschutz ausgerichtet sind, dann kann das durchaus negativ für die Biodiversität sein», sagt Fischer. Er gibt ein Beispiel: «Wenn sie dort aufforsten, um Kohlenstoff zu speichern, wo vorher nie im Wald war und dadurch andere wertvolle Ökosysteme und deren Leistungen zerstören, so ist das natürlich schlecht für die Biodiversität.» Ähnliches ist schon passiert.
Massnahmen künftig besser abgleichen
In einigen Regionen Deutschlands etwa haben Maisfelder für Biogas wertvolle Brachflächen verdrängt, sagt der Ökologe Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven und ebenfalls Mitautor des Berichts.
Jetzt gelte es, den Schutz für Klima und Biodiversität besser aufeinander abzustimmen: «Wir brauchen eine Transformation der verschiedensten Bereiche der Gesellschaft in Richtung Klimaschutz und lebenswerte Umwelt.»
Da gehöre die Artenvielfalt eben dazu, so Pörtner. «Und gleichzeitig gibt es in beiden Bereichen Lösungen, die sich gegenseitig verstärken. Die müssen wir herauskitzeln.» Er nennt als Beispiel die Moore, von denen auch in der Schweiz früher viele trockengelegt wurden. Erhalten sie wieder mehr Wasser, können sie CO2 speichern und bieten wieder Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Gleichzeitig helfen Moore auch beim Hochwasserschutz.
Viele Zusammenhänge zwischen Klima und Biodiversität seien komplex und noch zu wenig verstanden, heisst es im Bericht. Zum Beispiel wird erst langsam klar, welchen Einfluss die Schleppnetzfischerei aufs Klima hat.
Mehrere UNO-Treffen im Herbst
In manchen Meeresboden ist viel CO2 gespeichert. Dieses gelangt ins Meer und teilweise in die Atmosphäre, wenn Schleppnetze den Boden aufwühlen.
Erste Schätzungen zeigen, dass ein Grossteil dieser Emissionen vermieden werden könnte, wenn nur vier Prozent des Meeresbodens geschützt würden, was auch der Artenvielfalt zugutekäme. Der Bericht zeigt also: Klimaschutz geht nicht, ohne auch für die Biodiversität zu sorgen – und umgekehrt. Das, müssten die Länder berücksichtigen, sagen die Experten, wenn sie im Herbst an den nächsten UNO-Konferenzen zu diesen Themen um Lösungen ringen.