Während die Schweiz die Skisaison eröffnet, herrscht in vielen europäischen Ländern ein strenger Shutdown. Mancherorts sorgt der eidgenössische Sonderweg in der zweiten Welle für Stirnrunzeln. Gemeinsam ist den Menschen vom Vesuv über den Gotthard bis zum Ben Nevis in Schottland: Sie blicken hoffnungsvoll auf das Weihnachtsfest. Im Kreis ihrer Liebsten wollen sie über die Festtage zusammenkommen. Nicht überall wird das möglich sein.
Deutschland: Bei unserem nördlichen Nachbarn wurde der Teil-Lockdown mit geschlossenen Restaurants, Kultur- und Freizeiteinrichtungen gerade bis zum 10. Januar verlängert. Doch es gibt eine temporäre Lockerung über die Festtage: «Man hat unser aller Weihnachtsfest genehmigt. Verkündet von der Neuauflage der Heiligen Drei Könige, Melchior Merkel, Kaspar Söder und Balthasar Müller», frotzelte die satirische «Heute Show».
Das Geschenk an die Bürger: Vom 23. Dezember bis zum 1. Januar dürfen sich jeden Tag bis zu zehn Menschen aus beliebig vielen Haushalten treffen. Wenn es das «aktuelle Infektionsgeschehen» zulässt, wie es in bestem Bürokratendeutsch heisst.
Österreich: In der Alpenrepublik wedeln über Feiertage nur Hartgesottene über die Pisten: Die Skilifte laufen, Hotels und Gastronomie bleiben geschlossen. Immerhin: Für die Festtage werden auch hier die Kontaktbeschränkungen gelockert. «Untertags», wienern die zuständigen Behörden, dürfen sich am 24., 25., und 26. Dezember insgesamt zehn Personen treffen. Unabhängig davon, in wie vielen Haushalten sie leben.
Abseits der Festtage sind bis zum 7. Januar nur Treffen von Angehörigen zweier Haushalte erlaubt. Auch die nächtliche Ausgangssperre wird zeitweilig aufgehoben: Man darf bis nach 20 Uhr feiern. Kanzler Kurz verspricht ein «würdevolles Weihnachten mit hohem Ausmass an Sicherheit».
Italien: Rom griff während der ersten Welle mit einem rigiden Lockdown durch. Im November erklärte die Regierung einzelne Regionen zu roten Zonen, in denen ein strenges Regime galt: Das Zuhause durfte nur für Einkäufe, den Arztbesuch oder die Arbeit verlassen werden. Nach ersten Lockerungen verschärfen die Behörden die Regeln über die Festtage. Die eigene Gemeinde darf nicht verlassen werden. Landesweit.
Reisen zwischen den Regionen sollen um jeden Preis verhindert werden. Im familiär geprägten Italien dürfte es damit viele einsame Weihnachten geben. Verwandte, auch engste Verwandte, Freunde, die nicht im gleichen Haushalt leben, soll man meiden. Die nächtliche Ausgangssperre bleibt bestehen. Die Regierung spricht unsentimental von einem «Natale Covid» – Covid-Weihnachten.
Frankreich: «Wir haben das Schlimmste überstanden», verkündete Präsident Macron Ende November. Sein Versprechen: Eine stufenweise Lockerung der Massnahmen – und «normale» Weihnachten. Nach wie vor ist das Verlassen des Hauses nur aus triftigem Grund und mit Bescheinigung erlaubt.
Über die Festtage soll man aber das Grosi in der Bretagne und den Onkel in der Provence besuchen dürfen – falls sich bis Mitte Dezember maximal 5000 Personen täglich neu mit dem Virus anstecken. Auch die nächtliche Ausgangssperre zwischen 21 und 06 Uhr gilt ab dem 15. Dezember wieder; ausgesetzt wird der Zapfenstreich nur am 24. und am 31. Dezember. Die Regierung empfiehlt, dass nicht mehr als sechs Menschen gemeinsam feiern. Gefährdete und über 70-jährige Personen sollen dabei möglichst eine Maske tragen.
Grossbritannien: Kein anderes Land in Europa wurde von der Pandemie so stark heimgesucht wie Grossbritannien. Lange war deshalb nicht klar, ob die Briten in diesem Jahr überhaupt im Familienkreis Weihnachten feiern können. Premierminister Boris Johnson hat nun eine Wortschöpfung der besonderen Art geboren.
Johnsons Landsleuten ist es vom 23. bis 27. Dezember erlaubt, eine «Weihnachtsblase» zu bilden: Zehn Mitglieder aus drei Familien dürfen sich in der «Christmas Bubble» treffen. Jüngeren Mitgliedern wird empfohlen, sich präventiv einige Tage zuvor selber zu isolieren, bevor sie mit vulnerablen Mitgliedern der Fest-Blase zusammentreffen.
Spanien: Spanien vermeldete im November über 9000 Corona-Opfer, so viele wie seit April nicht mehr. Gesundheitsminister Salvador Illa redete seinen Landsleuten ins Gewissen: «Zu Weihnachten bleiben wir zu Hause und vermeiden alle entbehrlichen Bewegungen. Denn es steht viel auf Spiel.» Am Mittwoch einigten sich die Regionen auf gemeinsame Richtlinien für die Festtage: Die nächtliche Ausgangssperre wird auf 1.30 Uhr verschoben, bei privaten Treffen dürfen maximal zehn (vorher sechs) Menschen aus zwei Haushalten zusammenkommen. Im Gegensatz zu Italien soll man in andere Regionen reisen dürfen, um Familienangehörige zu besuchen.
Schweiz: Der Bundesrat hat am Freitag Empfehlungen und Vorgaben für die Feiertage ausgesprochen. Er empfiehlt dringend, private Treffen im Privaten und in Restaurants auf zwei Haushalte zu beschränken und damit die Anzahl der Kontakte so gering wie möglich zu halten. Die Grenze von zehn Personen wird beibehalten. Singen ist ausserhalb des Familienkreises und der obligatorischen Schulen verboten – das gilt auch für Chöre und das gemeinsame Singen an Gottesdiensten.