«Ich will mich nicht mehr verstecken»: Mit diesen Worten hat sich der Schwinger Curdin Oerlik als schwul geoutet. Ein bemerkenswertes Coming-Out insofern, als dass Orlik der erste aktive männliche Spitzensportler in der Schweiz ist, der öffentlich zu seiner Homosexualität steht.
Orlik ist froh über sein Coming-Out: «In letzter Zeit wurde der Gedanke stärker, dass ich frei sein möchte und mich nicht mehr verstecken muss.»
Curdin Orlik bricht ein Tabu: Sportler sind kräftig, männlich, stark – alles Attribute, die nicht dem Klischee des schwulen Mannes entsprechen. Das Coming-Out von Orlik zerschlägt diese Vorurteile, wie Marianne Meier, Genderforscherin der Universität Bern, weiss: «Es ist diesbezüglich ein Meilenstein als das der Schwing-Sport männlich konnotiert ist. Da geht es um starke, böse, mutige und kräftige Kerle. All das wird überhaupt nicht mit Schwul sein assoziiert.»
Weiblich und feminin
Schwul werde eher als eher weiblich, feminin, zurückhaltend empfunden. «Das eben ein Schwinger auch schwul sein kann zeigt, dass es völlig Sportartenunabhängig und symbolisch für die Vielfalt in der Gesellschaft ist.»
Schwule Sportler gibt es, nur meistens wagen sie das Coming-Out erst nach dem Karrieren-Ende. So zum Beispiel geschehen beim ehemaligen deutschen Nationalspieler Thomas Hitzlsperger.
In der Schweiz sorgte das Coming-Out von Spitzenschiedsrichter Pascal Erlachner 2017 für Schlagzeilen. Von Orliks Coming-Out erfährt er in den Skiferien: «Es hat mich persönlich sehr gefreut und auch berührt. Ich bin mir sicher, dass er für viele ein grosses Vorbild sein kann.»
Werden weitere Coming-Outs folgen?
Dass Curdin Orlik ein Vorbild sei, findet auch Marianne Meier. Dass nun aber weitere Coming-Outs folgen werden, glaubt sie nicht: «Ich denke nicht, dass eine Welle kommen wird. Für den Jugendbereich ist es aber wichtig – Jugendliche wissen nun, dass es ok ist.»
Curdin Orlik ist sich seiner Vobildfunktion bewusst. Das Coming-out tat er aber vor allem sich selbst zuliebe. «Ich erhoffe mir, dass ich nach diesem Coming-Out mich selbst sein kann. Wenn ich dabei für Andere als Vorbild fungiere, freut mich das sehr.»
Tagesschau, 7.3.2020, 19:30 Uhr; hosb