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Aargau Solothurn «Es fehlt noch jegliche Praxis mit den härteren Gesetzen»

Die Aargauer Staatsanwaltschaft will mit dem Prozess gegen den «Raser vom Bözberg» ein Zeichen setzen. Es ist der erste Fall, in dem ein Gericht über einen Raser nach neuem Strassenverkehrsgesetz urteilen musste. Der leitende Oberstaatsanwalt Philipp Umbricht sieht noch viele offene Fragen.

Ein Aargauer Kantonspolizist sitzt in einem Gebüsch hinter einem mobilen Radargerät.
Legende: Mit welchen Strafen müssen Temposünder künftig rechnen? Das müssen nun die Richter im Einzelfall entscheiden. Kantonspolizei Aargau

18 Monate Freiheitsstrafe bedingt und eine Busse von 4000 Franken. So lautet das Urteil des Bezirksgerichts Brugg gegen einen 23jährigen Mann, der anfangs Januar mit über 140 Sachen in der Region Bözberg unterwegs war.

Die Aargauer Staatsanwaltschaft zieht das Urteil weiter ans Obergericht: Sie will ein Präzedenz-Urteil. Denn: Seit anfangs Jahr gelten neue, schärfere Gesetze im Kampf gegen Raser.

Fahrzeug beschlagnahmen: Wann und wie?

Regeln von «Via Sicura»

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Seit dem 1. Januar 2013 werden Raser härter bestraft. Das Bundesparlament hatte diese Massnahmen 2012 beschlossen. Als Raserdelikt werden folgende Übertretungen geahndet:

30er-Zone: Mehr als 70 km/h

Innerorts: Mehr als 100 km/h

Ausserorts: Mehr als 140 km/h

Autobahn: Mehr als 200 km/h

Diese neuen Gesetze seien aber noch kaum praxiserprobt, erklärt der leitende Staatsanwalt Philipp Umbricht gegenüber der Sendung «Regionaljournal Aargau Solothurn» von Radio SRF am Dienstagabend. Umstritten bleibt zum Beispiel die Frage, unter welchen Umständen die Behörden Fahrzeuge von Schnellfahrern einziehen dürfen. «Da wird es noch lange Prozesse geben, mit dieser Frage muss sich das Bundesgericht sicherlich noch auseinandersetzen», sagt Umbricht.

Nach einem Raserdelikt wie am Bözberg kann die Staatsanwaltschaft die Beschlagnahmung des Fahrzeuges verfügen. Erst das Gericht entscheidet allerdings darüber, was definitiv mit diesem Fahrzeug passiert. Im Extremfall wird es «verwertet», erklärt Staatsanwalt Umbricht. Fahrzeuge mit geringem Wert würden verschrottet, Fahrzeuge mit grossem Wert verkauft. Je nach Gerichtsurteil könnte auch der Raser theoretisch einen Teil des Erlöses erhalten.

«Die Fahrzeugverwertung ist nicht primär als Strafe gedacht», begründet Philipp Umbricht. «Viel mehr geht es darum, dass wir dem Raser die Möglichkeit nehmen wollen, sich weiterhin im Strassenverkehr zu bewegen.»

In fremden Autos rasen schützt vor Beschlagnahmung nicht

Im Fall von Bözberg gehörte das Fahrzeug einer Leasingfirma. Diese erhiehlt das Auto zurück. Der Leasingvertrag werde damit frühzeitig aufgelöst: «Das hat für den Fahrer finanzielle Konsequenzen, er muss einen ziemlich grossen Betrag nachzahlen», erklärt Philipp Umbricht. Bestraft werde der Fahrer in diesem Fall also auch.

Schwierig wird es mit der Fahrzeug-Beschlagnahmung, wenn der Raser mit einem Auto eines Verwandten unterwegs war. «Je näher das Verhältnis zwischen Fahrer und Eigentümer ist, desto grösser ist die Chance, dass wir das Fahrzeug beschlagnahmen», erläutert Umbricht. Raser können sich also kaum dadurch schützen, dass sie nicht eigene Autos für ihre Rennfahrten benützen.

Richter müssen nun Strafmass beurteilen

So oder so: Die Strafen für Raser fallen gemäss neuem Gesetz immer schärfer aus als früher. So verlangt das Gesetz zwingend eine Freiheitsstrafe, wenn der Tatbestand der Raserei erfüllt ist. Die Strafe beträgt zwischen einem und vier Jahren.

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Das Strafmass liege im Ermessen der Gerichte, betont Staatsanwalt Philipp Umbricht. «Nach welchen Kriterien genau das Strafmass bemessen wird, das müssen die folgenden Gerichtsurteile zeigen», sagt er. Auch aus diesem Grund hat die Staatsanwaltschaft im Fall Bözberg bereits Berufung angekündigt. Die Behörden möchten möglichst bald Klarheit haben.

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