Weil der Bund zu lange brauche, um Daten über Rückkehrende aus Risikoländern den Kantonen zu übermitteln, nimmt der Kanton Zürich selbst das Heft in die Hand: Seit Dienstag holt sich der Kanton die Passagierdaten direkt bei den Airlines – unmittelbar nach der Landung und noch vor dem Bund. Damit bewegt sich der Kanton in einem rechtlichen Graubereich.
Neues Prozedere nach Einreise
Man müsse jetzt handeln, wo viele aus den Sommerferien aus Risikoländern zurück in die Schweiz reisten, stellte Zürichs Sicherheitsdirektor Mario Fehr heute am Flughafen Zürich vor den Medien klar. Deshalb gilt seit Dienstag ein neues Regime: Alle Passagiere eines Fluges aus einem Risikoland füllen im Flugzeug Kärtchen mit ihren Kontaktdaten aus – diese sind eigentlich für das Bundesamt für Gesundheit bestimmt, welche daraus eine Stichprobe zieht und anschliessend die Daten den betroffenen Kantonen weiterleitet – in der Vergangenheit hat dies Tage gedauert.
Neu holt sich aber die Flughafenpolizei diese Kärtchen direkt nach der Landung bei den Airlines – und trägt sofort alle Bewohnerinnen und Bewohner des Kantons Zürich in die kantonale Meldedatenbank ein. Anschliessend werden die Kärtchen den Airlines zurückgegeben und wie vorgesehen dem Bund zugestellt. Der Kanton Zürich holt sich die Daten also selbst und vollständig – noch bevor sie überhaupt zum Bund kommen.
Das sei nötig, weil es der Bund bisher versäumt habe, den Flughafen-Kantonen die vollständigen Passagierlisten mit den Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen, begründet Mario Fehr das Vorpreschen. Die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli forderte den Bund bereits Mitte Juli in einem Schreiben an Bundesrat Berset (siehe Bild oben) auf, den Kantonen die Passagierlisten zukommen zu lassen – ohne Erfolg.
Die Gesundheitsdirektion könne mit dem nun geltenden Regime kontrollieren, ob sich Rückkehrer aus Risikoländer wie vorgeschrieben selbst beim Kanton gemeldet haben oder nicht, so Mario Fehr. Das Vorgehen könne auch auf weitere Kantone ausgeweitet werden, falls diese das beantragen.
Fragezeichen beim Bund
Ob diese Eigeninitiative rechtlich wasserdicht ist, dahinter stellt der Bund allerdings ein Fragezeichen. Angesprochen auf das Vorpreschen von Zürich sagte Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit heute an einer Medienkonferenz, man sei über das neue Regime am Flughafen orientiert worden, es gäbe aber Fragen in Bezug zur Legalität, die noch geklärt werden müssten.
Auch der Eidgenössische Datenschützer sagte in der Vergangenheit, eine vollständige Übermittlung der Passagierdaten an die Kantone erachte er als nicht verhältnismässig. Mit anderen Worten: Mit der eigenhändigen Beschaffung der Daten begibt sich der Kanton Zürich in einen rechtlichen Graubereich.