Zum Inhalt springen

100. Todestag Carl Spitteler Luzerns erste Feuerbestattung war eine literarische Berühmtheit

Am 31. Dezember 1924 kam es im Krematorium Luzern erstmals zu einer Feuerbestattung. Der Eingeäscherte war ein Prominenter.

Es war zwar eine kleine Trauergemeinde, die sich am 31. Dezember 1924 beim Krematorium im Friedental versammelte. Darunter waren aber hohe Vertreter der Luzerner Behörden. Ebenso zugegen waren Persönlichkeiten des nationalen literarischen Lebens.

Pferdegezogene Bestattungswagen mit Blumen vor einem Gebäude.
Legende: Zu Ehren des Verstorbenen Carl Spitteler fuhren mehrere Kranzwagen vor. zvg/Schweizerisches Literaturarchiv Bern

Die illustre Runde kam nicht von ungefähr: Der Verstorbene war niemand Geringeres als Carl Spitteler – der bis heute einzige gebürtige Schweizer Literatur-Nobelpreisträger.

Krematorium war bei erster Bestattung noch im Bau

Von 1892 bis zu seinem Tode lebte Carl Spitteler in Luzern. Und äusserte hier auch den Wunsch, in derselben Stadt kremiert zu werden.

Literatur-Nobelpreis-Träger 1919

Box aufklappen Box zuklappen

Carl Spitteler wurde am 24. April 1845 in Liestal geboren. 1919 erhielt der Dichter und Schriftsteller den Nobelpreis für Literatur. Sein Werk umfasst unter anderem Novellen, Romane, Lustspiele, Balladen und Essays. Carl Spitteler starb am 29. Dezember 1924 in Luzern. Seine Texte gelten als anspruchsvoll und elitär – und waren damit für die breite Masse ungeeignet. Deshalb geriet Spitteler fast in Vergessenheit .

Als der Dichter und Schriftsteller am 29. Dezember 1924 im Alter von 79 Jahren verstarb, war das Krematorium allerdings erst im Bau. Spittelers Wunsch ging dennoch in Erfüllung: Denn der Ofen war schon betriebsbereit.

So kam es – früher als geplant – zur ersten Feuerbestattung in Luzern überhaupt. Die offizielle Einweihung des Krematoriums fand nämlich erst 1926 statt.

Carl Spittelers Einäscherung ging damit in die Geschichte ein. Allerdings nicht nur, weil damit als Erstes eine literarische Berühmtheit kremiert wurde. Es sei auch ein Sieg der «Befürworter der Feuerbestattung in Luzern» gewesen, heisst es in der Schrift zum 50-Jahr-Jubiläum des Krematoriums.

Feuerbestattung: Zürich ging voraus

Denn in der katholischen Hochburg gab es scharfen Widerstand gegen die Leichenverbrennung. 1886 hatte ein vatikanisches Dekret die Feuerbestattung «als Ausdruck einer rein materialistischen und atheistischen Weltanschauung» mit dem Katholizismus für «unvereinbar» erklärt.

Nichtsdestotrotz gab es um die Wende zum 20. Jahrhundert auch in Luzern liberale Kräfte, welche die Kremation als Form der Bestattung etablieren wollten. Schliesslich hatte schon 1889 in Zürich das erste Krematorium hierzulande seinen Betrieb aufgenommen. Die nächste Anlage war 1898 in Basel eröffnet worden – danach folgten zahlreiche weitere Schweizer Städte.

Gegen Luzerner Krematorium gab es viel Widerstand

Dass dann mit Luzern das 17. Krematorium in Betrieb ging, war Franz Xaver Burri zu verdanken. 1902 rief er die «Freie Vereinigung Gleichgesinnter» ins Leben, einen Zirkel von liberalen und freigesinnten Zeitgenossen, die sich «geistig und kulturell fortschrittlichen Ideen verpflichtet fühlten».

Hier fand Burri jene Kräfte, die ihm halfen, ein eigenes Krematorium voranzutreiben. Daraus ging 1905 der Feuerbestattungsverein Luzern hervor.

In den Jahren darauf wuchs die Anhängerschaft der Kremation. Auch die städtischen Behörden begrüssten die Initiative des Vereins und beschlossen 1911 die Schenkung eines Bauplatzes zur Erstellung des Krematoriums. Allerdings schrieb das geltende kantonale Gesetz die Erdbestattung vor – und auf die Bitte einer Gruppe von Gegnern hob die Luzerner Regierung dann auch die Schenkung auf.

Der Widerstand riss auch in den Folgejahren nicht ab: Unter anderem musste der Feuerbestattungsverein bis vor Bundesgericht kämpfen, damit die Kantonsregierung die «Verordnung über die Feuerbestattung der Stadtgemeinde Luzern» abgesegnete. Und auch die Finanzierung des Krematoriums war eine Herkulesaufgabe.

Schliesslich aber konnten am 7. März 1924 die Bauarbeiten beginnen. Mit dem Resultat, dass der Ofen – zugunsten eines prominenten Zeitgenossen – schon Ende desselben Jahres erstmals zum Ernsteinsatz kam.

Neuer Sammelband zum 100. Todestag

Box aufklappen Box zuklappen
Collage mit Porträts verschiedener Personen, Text
Legende: zvg/Carl Spitteler-Netzwerk

Zum 100. Todestag hat der Verein «Carl Spitteler-Netzwerk» einen Sammelband publiziert. Das Buch zeigt unter anderem auf, wer der Dichter war, in welchen sozialen und kulturellen Netzwerken sich der Schriftsteller bewegte und wie er als Zeitgenosse zur Moderne stand. Der Sammelband enthält bisher nie gesehene Dokumente aus dem Nachlass von Carl Spitteler, die neue Erkenntnisse über sein Leben und Werk ermöglichen. Herausgegeben hat den Band der Vorstand des Carl Spitteler-Netzwerks: Stefanie Leuenberger, Jael Bollag, Dominik Müller, Fredi Lerch, Stefan Graber und Dominik Riedo.

Regionaljournal Zentralschweiz, 28.12.2024, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel