- Das Genfer Kantonsgericht hat zum dritten Mal den schweizerisch-guatemaltekischen Doppelbürger Erwin Sperisen zu 15 Jahren Haft verurteilt.
- Er wurde wegen Gehilfenschaft zu sieben Morden verurteilt.
- Der ehemalige Chef der Nationalpolizei Guatemalas soll als Polizeichef die Erschiessung von sieben Häftlingen angeordnet zu haben.
- Der Staatsanwalt plädierte für eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Die Verteidigung forderte einen Freispruch.
Vor Gericht wurden die Exekutionen von Häftlingen aus guatemaltekischen Strafanstalten verhandelt. Konkret die Operation «Pavo Real» vom 25. September 2006, mit der die Kontrolle über das Gefängnis «Pavón» zurückerlangt werden sollte. Dabei starben sieben Häftlinge. Bei diesen Mordfällen wurde der Angeklagte wegen Gehilfenschaft erneut verurteilt.
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Bild 1 von 6. Erwin Sperisen wurde 2003 in den Stadtrat von Guatemala-Stadt gewählt. Obwohl er niemals ein Studium beendet hat und keinerlei Erfahrung auf dem Gebiet vorweisen konnte, wurde er 2004 zum Chef der Polizei ernannt. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 6. Der schweizerisch-guatemaltekische Doppelbürger, der kein Wort Deutsch spricht, hatte sich zum Ziel gesetzt, dem kriminellen Treiben im Gefängnis Pavón ein Ende zu setzen. Seit Jahren waren dort verurteilte Bandenmitglieder, Mörder und Drogenschmuggler an der Macht. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 6. Das Gefängnis, offiziell eine moderne Haftanstalt, in welcher die Insassen Gemüse anpflanzen sollten, war in Wahrheit eine kriminelle Hochburg. Hier organisierten Banden den Drogenhandel und hielten ihre Geiseln fest. Am 25. September gab Sperisen den Befehl zum Angirff auf Pavón. Ebenfalls vor Ort war Innenminister Carlos Vielmann (2. v. r.). Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 6. 3000 mit Panzern und Sturmgewehren bewaffnete Polizisten und Soldaten stürmten in den frühen Morgenstunden das Gelände. Bei der etliche Stunden dauernden Operation kamen sieben Häftlinge ums Leben, die als eigentliche «Regierung» von Pavón galten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 6. In Pavón lebten die Häftlinge ein Luxusleben. Neben einem Billardraum gab es ein Internetcafé, mehrere Restaurants oder einen Wellnessbereich. Wer in der Knasthierarchie unten war, musste die Anführer für die Dienstleistungen bezahlen. Ein Telefonanruf etwa kostete fünf Dollar. So erzielte die «Regierung» monatlich einen Umsatz von 20'000 Dollar. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 6. 2007 floh Erwin Sperisen mit seiner Familie nach Genf, wo er im August 2012 unter anderem wegen seiner Rolle bei der Stürmung des Gefängnisses verhaftet wurde. Gegen die lange Untersuchungshaft protestierte seine Familie 2013. Seine Frau und die drei Kinder hielten Schilder in die Luft, auf welchen sie eine Freilassung forderten. Bildquelle: Keystone.
Die Schuld des Angeklagten wiege sehr schwer, sagte Alessandra Cambi Favre-Bulle, Präsidentin der Berufungskammer des Genfer Kantonsgerichtes, bei der Urteilseröffnung.
Von den 15 Jahren Gefängnisstrafe werden die bereits absolvierten 5 Jahre Haft abgezogen. Der Staatsanwalt beantragte vor dem Gericht, dass Erwin Sperisen vorerst im Hausarrest bleiben wird. Das Gericht zog sich zurück, um über diesen Antrag zu beraten.
In einem Anklagepunkt freigesprochen
Ein Rekurs wurde im Prozess teilweise gutgeheissen: Im 2005 waren neunzehn Inhaftierte aus der Strafvollzugsanstalt «El Infiernito» entwichen. Drei von ihnen kamen am 3. November 2005 beziehungsweise am 1. Dezember 2005 um, nachdem sie von der Polizei im Rahmen der Aktion «Gavilán» gefasst worden waren. In diesem Anklagepunkt wurde Sperisen freigesprochen.