70 Säcke in bloss einer halben Stunde: So viel nicht korrekt entsorgten Abfall laden Basler Abfallkontrolleure bei einer normalen Morgentour in ihren Wagen. Neben unverpacktem Müll aller Art sind es nicht nur andere Säcke als die offiziellen, blauen «Bebbi-Sägg», deren Preis die Entsorgungsgebühr enthält. Sondern auch offizielle, die an anderen Tagen als den beiden wöchentlichen Kehrichtabfuhrtagen draussen stehen.
Die Abfallkontrolleure kippen diesen illegalen Abfall nicht einfach in die Verbrennung, sondern nehmen ihn auseinander, von Hand. Die Mülldetektive sind auf der Suche nach der Täterschaft, um diese zu büssen. Manche Übeltäter verraten sich selbst, indem sie Couverts mit ihrer Adresse in den Sack stopfen – andere schneiden Adressen sorgfältig weg.
An diesem Tag zum Beispiel hat es in einem Sack ein ganzes Bündel ungeöffneter Couverts von der Steuerverwaltung. In einem anderen ist eine Busse mit der kompletten Adresse des Gebüssten. Dies jeweils garniert mit Lebensmittelresten, kaputten Kleidern oder anderem Müll.
Sack für Sack kommt auf den Sortiertisch, der Inhalt wird inspiziert. Es stinkt und ist sehr unappetitlich. Die Abfallkontrolleure tragen darum nicht nur Handschuhe, sondern Schutzoveralls und Atemschutzmasken, die fast wie Gasmasken aussehen.
Als übelsten Abfall empfinden die Kontrolleure – obwohl teils selber Väter – übrigens benutzte Windeln. «Deren Geruch kommt durch den Filter und kitzelt manchmal hinten am Halszäpfchen», sagt Thomas Hautle.
Es macht mir besonders Freude, unterwegs zu sein im Dienst der Bevölkerung und Abfallsünder dingfest zu machen.
«Es macht mir besonders Freude, unterwegs zu sein im Dienst der Bevölkerung und Abfallsünder dingfest zu machen», sagt trotz aller Widrigkeiten Abfallkontrolleur Florim Ferati. Er ist seit vier Jahren quasi Abfalldetektiv im Amt für Umwelt und Energie – davor hatte er im Tiefbauamt bei der Stadtreinigung gearbeitet, der in Basel die Abfuhr zugeordnet ist.
Alleine für «unzeitiges Bereitstellen» von offiziellen Abfallsäcken wurden im Jahr 2019 in Basel 1253 Bussen verhängt; insgesamt gab es in jenem Jahr für Abfallverstösse 1766 Ordnungsbussen. Die Corona-Jahre danach fallen wegen Pandemie-Einschränkungen aus dem Rahmen, und die Zahlen von 2022 liegen noch nicht vor.
Unter dem Strich kamen 2019 für unzeitgemäss rausgestellten Abfall Bussen von knapp 52'000 Franken herein. Die Summe der Bussen decke den Aufwand für die Kontrollen nicht, sagt Matthias Nabholz, Leiter des baselstädtischen Amts für Umwelt und Energie (AUE). Wichtiger sei die abschreckende Wirkung, damit das Problem nicht weiter zunimmt.
Beim AUE sind vier Angestellte extra für Abfallkontrollen verantwortlich; diese Abteilung gibt es seit 2013. Sie tragen im Einsatz Uniform und Namensschilder, da sie eine hoheitliche Aufgabe wahrnehmen und auch Bussen verhängen dürfen. Sie durchwühlen nicht nur Säcke, sondern gehen auch auf Abfall-Patrouille, um Sünder in flagranti zu erwischen – bei Littering ist praktisch nur so die Täterschaft rechtsgenüglich zu ermitteln.
Dies indes löst manchmal nicht ein schlechtes Gewissen aus, sondern unerfreuliche Reaktionen: «Sobald es ums Geld geht, sind die Emotionen gleich vorhanden» stellt Feratis Kollege Thomas Hautle fest. Beschimpfungen wie «A...loch» seien gang und gäbe, und dagegen entwickle man mit der Zeit ein dickes Fell, lerne, abends wieder abzuschalten.
Schusssichere Westen
Die Arbeit kann aber auch gefährlich werden, wenn sich Ertappte nicht im Griff haben. Einmal sei ein Kollege im Treppenhaus mit einem Messer bedroht worden, erzählt Ferati. Seitdem steht den vier Abfallkontrolleuren frei, im Dienst schuss- und stichfeste Schutzwesten zu tragen.
Das ist freiwillig; zwei der vier tragen nun solche Westen bei der Arbeit, etwa, wenn sie bei Abfallsündern an der Tür klingeln. «Wir wissen ja nicht, wen wir vor uns haben. Da geht man lieber auf Nummer sicher», erklärt Ferati.
Nicht in jedem Quartier haben die Abfallkontrolleure gleich viel zu tun. Am wenigsten im Villenviertel auf dem Bruderholz, am meisten im Kleinbasel, speziell Kleinhüningen und Klybeck bis Rosental sowie im Grossbasel etwa beim Spalenring.
In den 70 Säcken dieser Tour fanden sich schliesslich 14 Adressen der mutmasslichen Fehlbaren, denen jetzt eine Busse droht. Den Kontrolleuren ist das eigentlich zu wenig: Sie würden am liebsten jeden bestrafen, der sich nicht an die Regeln hält und die Stadt vermüllt.