- Wegen gestiegener Kosten für Bund und Kantone will der Bundesrat Ausländerinnen und Ausländern von ausserhalb der EU und Efta die Sozialhilfe kürzen.
- Die meisten Vernehmlassungsteilnehmenden sind allerdings gegen diese Massnahme, denn Leidtragende seien vor allem Familien mit Kindern.
- Zudem greife der Bund in die Kompetenz der Kantone ein.
- Nur die SVP und die Mitte-Partei unterstützen das Vorhaben des Bundesrates.
Der Bundesrat hatte Ende Januar die Änderungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG) in die Vernehmlassung geschickt, die am Dienstag zu Ende ging. Er sieht die Einführung eines tieferen Unterstützungsansatzes für Drittstaatenangehörige während der ersten drei Jahre nach Erteilung einer Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung vor. Ausserdem sollen die Anreize für Betroffene erhöht werden, eine Ausbildung zu machen.
Bildung der Aufnahme von Arbeit gleichstellen
Die Landesregierung möchte zudem die Integrationskriterien im Ausländer- und Integrationsgesetz ergänzen: Neu würde demnach beispielsweise bei der Erteilung einer Niederlassungsbewilligung auch berücksichtigt, inwieweit jemand die Integration seiner Kinder, der Ehefrau oder des Ehemanns fördert.
Präzisieren will der Bundesrat als Drittes die Integrationsvoraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen an vorläufig Aufgenommene in Härtefällen. So soll sichergestellt werden, dass das Integrationskriterium Bildung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt wird.
Kürzung laut SP und Grünen weltfremd
Fast alle Vernehmlassungsantworten fallen negativ aus. Die SP, die Grünen und die GLP lehnen die «Schlechterstellung» von Sozialhilfebezügern aus Drittstaaten ab, vor allem Familien und Alleinerziehende mit Kindern wären betroffen. Mittels Kürzung der Sozialhilfe eine bessere Integration der Betroffenen zu fördern, sei weltfremd und zynisch, so die SP und die Grünen.
Da es um sehr wenige Fälle gehe, sei das Sparpotential mit rund drei Millionen Franken gering. Sozialhilfe ausserhalb des Asylbereichs sei zudem Sache der Kantone, so die SP und die Grüne Partei. Die geplante Neuregelung verletze auch das Diskriminierungsverbot.
Laut GLP nimmt die Vorlage in Kauf, dass die Kürzungen in den Kantonen sehr unterschiedlich ausfallen. Betreffend Förderung der Integration von Familienangehörigen spricht die GLP von der Gefahr der «Sippenhaftung», wenn zum Beispiel Personen für das Verhalten von nicht kooperativen Familienmitgliedern Nachteile erlitten.
SVP fordert weitere Massnahmen
Die SVP und die Mitte hingegen begrüssen das Massnahmenpaket des Bundesrates. Laut SVP ist ein erheblicher Teil des Kostenanstiegs in der Sozialhilfe auf Personen mit Migrationshintergrund zurückzuführen. Sie fordert indes noch weitergehende Massnahmen wie die Einschränkung des Familiennachzugs.
Die Mitte erachtet es als richtig, dass bei Personen aus Drittstaaten für Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung vorausgesetzt wird, dass diese den Lebensunterhalt selbst bestreiten können und ein tieferer Unterstützungsansatz bei der Sozialhilfe angewendet werde. Dieser soll sich jedoch nur auf die ersten drei Jahre begrenzen. Die FDP hat für ihre Vernehmlassungsantwort Fristverlängerung bis am 9. Mai eingereicht.
Die Ausgaben für die Sozialhilfekosten von Kantonen und Gemeinden haben zwischen 2010 und 2019 nach Angaben des Bundes um knapp 900 Millionen Franken auf 2.8 Milliarden Franken zugenommen.