Warum sorgen Schwyzer Holzhäuser immer wieder für Schlagzeilen? Ob Bundesbriefmuseum, Ländler oder Gedenkfeier zur Schlacht am Morgarten: Schwyz gilt als konservativer Kanton, der Traditionen hochhält und stolz ist auf seine Vergangenheit als Gründungskanton der Eidgenossenschaft. Doch mit Häusern aus dieser Zeit geht Schwyz zuweilen wenig zimperlich um: Mehrere Gebäude aus dem Mittelalter wurden schon abgerissen – entgegen der Empfehlung der Denkmalpflege.
Welche Beispiele gibt es dafür? 2022 machte in Illgau ein Eigentümer sein Haus dem Erdboden gleich, noch bevor er die Bewilligung dazu hatte – und zerstörte damit ein Holzhaus, das zu den ältesten in ganz Europa gehörte. Erbaut vor rund 700 Jahren. 2013 wurde im Hauptort Schwyz ein Ensemble aus gleich drei Holzhäusern aus dem Mittelalter abgerissen. Und 2001 ging es gar dem mutmasslich ältesten Holzhaus Europas an den Kragen, dem Nideröst-Haus, erbaut im Jahr 1176.
Warum flammt die Diskussion gerade jetzt neu auf? Die Kantonsregierung will das Gesetz über die Denkmalpflege und Archäologie überarbeiten.
Wer äussert Kritik? Sämtliche Parteien von links bis rechts unterstützen die Gesetzesrevision in der Vernehmlassung. Dennoch gibt es etliche Seitenhiebe gegen die Denkmalpflege – gerade von der SVP, der stärksten politischen Kraft im Kanton. Die Partei schreibt, sie wolle sich dafür einsetzen, dass nicht «jeder rostige Nagel aus dem Mittelalter» geschützt werde. Auf Anfrage sagt Max Helbling, Vizepräsident der kantonalen SVP: «Die Denkmalpflege verzettelt sich viel zu fest. Sie soll sich auf schützenswerte Bauten konzentrieren und nicht auf alte Abbruchhäuser.»
Wie argumentiert die Gegenseite? Während die SVP auf die Autonomie der Eigentümerschaft pocht, steht die SP für einen starken Denkmalschutz ein. «Wir müssen darauf schauen, dass nicht jedes Dorf genau gleich aussieht und nur aus Neubauten besteht», sagt SP-Kantonsrat Martin Raña. Seine Partei könnte sich vorstellen, die Denkmalpflege «finanziell und personell» sogar noch auszubauen. Um Streitigkeiten mit der Eigentümerschaft zu vermeiden, gelte es allenfalls, die Kommunikation zu verbessern.
Wie positioniert sich der Denkmalschutz? Als kantonale Denkmalpflegerin sei es ihre Aufgabe, aus jeder Epoche vom Mittelalter bis in die 1970er-Jahre «die wichtigsten Zeitzeugen zu erhalten», sagt Monika Twerenbold. Gerade mal zwei Prozent aller Gebäude im Kanton stünden unter Schutz. Dass die Denkmalpflege in Schwyz einen besonders schweren Stand hat, glaubt Twerenbold nicht. Die Thematik tauche in allen Kantonen auf: «Man redet bei Eigentum rein. Das hat nicht jeder gern.» Schwyz sei vielleicht einfach besonders «traditionsbewusst», sagt Twerenbold. Vielleicht drücke hier noch etwas stärker durch, «dass man es nicht so schätzt, wenn die Obrigkeit reinredet».
Wie können Konflikte vermieden werden? Denkmalpflegerin Monika Twerenbold empfiehlt Eigentümern von geschützten Objekten, frühzeitig mit dem Kanton in Kontakt zu treten. Wenn man sich «auf Augenhöhe» begegne, gelinge es meist, eine bauliche Lösung zu finden, mit der beide Seiten zufrieden seien. «Es gibt restaurierte mittelalterliche Blockbauten, die sehr wohl zeitgemäss bewohnbar sind.» Ohne, dass die Bewohnerinnen und Bewohner dabei den Kopf einziehen müssen. «Kultur heisst auch, sich mit Neuem auseinanderzusetzen, Alt mit Neu zu vermischen.»