Es gab eine Zeit, da schien das Schweizer Bankgeheimnis unverrückbar. Es war im März 2008, als der damalige Bundesrat Hans-Rudolf Merz noch vollmundig verkündete: «An diesem Bankgeheimnis werdet ihr euch die Zähne ausbeissen.»
Doch schon kurze Zeit später begann genau dieses Bankgeheimnis zu bröckeln – auf Druck der USA und der EU – und fiel Jahre später ganz, zumindest für ausländische Bankkundinnen und -kunden. Seither gilt: Die Banken müssen die Kontodaten ihrer ausländischen Kunden den Steuerbehörden der Herkunftsländer melden.
Inländische Angriffe abgewehrt
Anders hingegen im Inland: Hierzulande wehrte die bürgerliche Mehrheit die Angriffe aufs inländische Bankgeheimnis erfolgreich ab. So gilt in der Schweiz weiterhin: Die Banken dürfen die Kontodaten ihrer Schweizer Kunden nicht den hiesigen Steuerbehörden melden.
Anstatt nur zu sparen in anderen Bereichen, möchte ich den Spiess umkehren: Lasst uns mehr Einnahmen generieren.
Doch dies soll sich nun ändern. Denn die Linke sieht in der Aufhebung des Bankgeheimnisses einen Ausweg aus der Finanzmisere des Bundes. Sie vermutet, dass viele Bürgerinnen und Bürger Gelder nicht versteuern und Steuern hinterziehen. Wenn die Banken die Kontodaten den Behörden melden müssten, käme das Geld ans Licht, so die Argumentation von Andrea Zryd.
«Neue Einnahmen generieren»
Die Berner SP-Nationalrätin hat deshalb eine entsprechende Parlamentarische Initiative eingereicht: «Das Ziel ist es, mehr Einnahmen zu generieren. Wir haben zukünftig sehr viele Ausgaben, wie die Erhöhung des Armeebudgets oder die 13. AHV-Rente. Anstatt nur zu sparen in anderen Bereichen, möchte ich den Spiess umkehren: Lasst uns mehr Einnahmen generieren. Und das ist eine Möglichkeit dazu.»
Es gibt andere Möglichkeiten, Geld am Fiskus vorbeizuschleusen.
Bei den Bürgerlichen kommt diese linke Idee jedoch nicht gut an. Die Mitte, FDP und SVP sind überzeugt, dass kaum Steuern hinterzogen würden. Der Zürcher FDP-Nationalrat Beat Walti sagt es so: «Wir halten grundsätzlich viel von der finanziellen Privatsphäre der Menschen im Land. Das Bankkundengeheimnis schützt diese immer noch im Grundsatz gut. Und die Aufhebung würde auch nicht das bringen, was sich die Initianten versprechen, nämlich lückenlose Steuertransparenz, weil es andere Möglichkeiten gibt, Geld am Fiskus vorbeizuschleusen.»
Kantone würden profitieren
Aus wissenschaftlicher Sicht gebe es hingegen keine Gründe, die gegen die Abschaffung sprächen, sagt Wirtschaftsprofessor Marius Brülhart von der Universität Lausanne, der zum Thema Steuergerechtigkeit forscht. Für den renommierten Ökonomen ist klar, dass die Abschaffung des Bankgeheimnisses der öffentlichen Hand zusätzliche Einnahmen verschaffen würde: «Wie gross diese sind, ist allerdings schwer abzuschätzen. Laut meiner Überschlagsrechnung wären es rund zwei Milliarden Franken. Diese würden allerdings vor allem den Kantonen und Gemeinden zufliessen und nur in viel kleinerem Masse dem Bund.»
Gemäss Brülhart würde die Abschaffung des inländischen Bankgeheimnisses die Finanzprobleme des Bundes also nicht lösen.
Ungewisse Erfolgschancen
Politisch stehen die Chancen für die Initiative von Andrea Zryd auf jeden Fall nicht besonders gut. Die zuständige Nationalratskommission hat die Vorlage am Dienstag deutlich abgelehnt, und zwar mit 16 zu 9 Stimmen. Als Nächstes wird der Nationalrat über die Abschaffung des Bankgeheimnisses im Inland entscheiden. Offen ist, ob die schwierige Lage der Bundesfinanzen beim Entscheid der Parlamentarierinnen und Parlamentarier eine Rolle spielen wird.