Das verlangt die Initiative: Die Initiative «Lohngleichheit im Kanton Aargau – jetzt» der Gewerkschaften fordert mehr Transparenz bei Lohnunterschieden zwischen Mann und Frau. Lohnanalysen sollen bereits in Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden Pflicht sein. Derzeit müssen schweizweit tätige Firmen ab 100 Angestellten solche Analysen machen. Bei Verstössen sollen Aargauer Firmen sanktioniert werden können. Zudem verlangt die Initiative, dass die kantonale Fachstelle für Gleichstellung wieder eingerichtet wird. Abgestimmt wird am 18. Mai.
Befürworterinnen und Gegner: Hinter der Initiative steht der Gewerkschaftsdachverband Arbeit Aargau. Unterstützt wird er von Frauenorganisationen wie der Frauenzentrale. Auch die Frauen der Aargauer Mitte-Partei sowie SP und Grüne sind für die Initiative. Dagegen sind die anderen Parteien sowie die Industrie- und Handelskammer und der Gewerbeverband. Das Kantonsparlament und die Regierung empfehlen ebenfalls ein Nein zur Lohngleichheitsinitiative.
Argumente für die Initiative: Das Initiativkomitee kritisiert, dass Frauen trotz Gleichstellungsgesetz im Durchschnitt immer noch weniger verdienen als Männer in gleicher Position. Die Rede ist von 16.2 Prozent. Hochgerechnet auf ein Arbeitsleben von 45 Jahren, seien dies über 700'000 Franken. Das Gleichstellungsgesetz sei ein Papiertiger, dem endlich Zähne wachsen sollen.
Irène Kälin, Grünen-Nationalrätin und Präsidentin Arbeit Aargau: «Es sind im Monat 1364 Franken, die einer Frau durchschnittlich entgehen. Da ist ein kleiner Aufwand für Firmen gerechtfertigt.» Seit 44 Jahren sei die Lohngleichheit in der Bundesverfassung verankert – aber es gehe nicht vorwärts.
Argumente gegen die Initiative: Das Gegenkomitee bezeichnet die Forderung als Leerlauf. Es bestehe bereits auf nationaler Ebene die Analysepflicht für grössere Unternehmen. Für Aargauer Firmen würde der Zwang zur Lohnanalyse einen bürokratischen Aufwand bedeuten – ein Nachteil im Vergleich mit Unternehmen in Nachbarkantonen.
Karin Faes, Unternehmerin und Präsidentin der FDP-Frauen: «Man müsste junge Frauen befähigen oder motivieren, technische Berufe zu erlernen. Dass eine Floristin weniger verdient, liegt auf der Hand. Das wird eine Lohnanalyse nicht ändern.» Die Analyse sei reine Symbolpolitik.
So gross sind die Lohnunterschiede in der Schweiz: Das Bundesamt für Statistik untersucht regelmässig die Löhne von Männern und Frauen. Im Median (Lohn einer Person, die sich genau in der Mitte der Lohnverteilung befindet) verdienen Frauen 6281 Franken, während es bei Männern 7025 Franken sind. Je nach Sektor liegt der Lohnunterschied bei 13 bis 16 Prozent. Rund die Hälfte dieser Differenz ist auf Faktoren wie unterschiedliche Ausbildung oder berufliche Stellung zurückzuführen. Die andere Hälfte ist laut Studie unerklärt. Man könne daraus aber nicht schliessen, dass die Differenz ein quantitativer Messwert für Lohndiskriminierung sei.
Das läuft auf Bundesebene: Seit fünf Jahren müssen Unternehmen in der Schweiz mit mehr als 100 Angestellten eine Lohngleichheitsanalyse durchführen. Eine Zwischenbilanz zeigt allerdings, dass über die Hälfte der Unternehmen dieser Pflicht nicht nachkommt. Der Bundesrat will deshalb bereits 2027 anstatt erst 2029 die Wirkung genau prüfen und allenfalls neue Massnahmen fordern.