Der Abstimmungssonntag vom 26. November ist in Luzern reich befrachtet: Gleich vier Vorlagen kommen vors Stimmvolk. Drei davon drehen sich rund um den Verkehr. Deren Stossrichtung: Rechts will beim Strassenbau Gas geben, die Linke dafür sorgen, dass die Strassen attraktiver daherkommen.
Für Letzteres haben die Grünen und Jungen Grünen die Initiative «Attraktive Zentren» eingereicht. Der geforderte Paragraf im Strassengesetz ist kurz und knapp: «Ortsdurchfahrten sind siedlungsverträglich zu gestalten.»
Korintha Bärtsch, Kantonsrätin der Grünen, sagt: «Entlang von Strassen ist es laut, eng und ungemütlich.» Dies wolle die Initiative ändern.
Zum einen verschaffe sie Velofahrerinnen und Fussgängern mehr Platz. Zum anderen sollen Ortszentren mit zusätzlichen Bäumen und Grünflächen wieder zu Treffpunkten werden.
Bürgerliche beklagen fehlendes Mitspracherecht
Bei den bürgerlichen Parteien fällt die Initiative durch. Vor allem, weil sie die Autonomie der Gemeinden beschneiden würde. «Die Initiative zwingt den Kanton, Sachen umzusetzen, ohne dass die Gemeinden mitreden können», sagt Mitte-Kantonsrat Daniel Gasser.
SVP, FDP und Mitte befürchten unter anderem, dass der Kanton den Gemeinden Tempo 30 aufdrücken könnte. «Und das ist einfach nicht überall zielführend.» Aus der Gegnerschaft heisst es, das Begehren für «Attraktive Zentren» sei eine verkappte Autoverhinderungsinitiative. Korintha Bärtsch kontert: «Unsere Initiative lässt gleich viele Autos durch ein Zentrum wie heute.» An der Strasse ändere einzig deren Gestaltung.
Junge SVP will beim Strassenbau den Turbo zünden
Zur Abstimmung kommt am 26. November auch die Anti-Stau-Initiative der Jungen SVP. Ihre Forderung: Überall dort, wo es heute staut, soll es mehr Verkehrsfläche geben. «Wir wollen, dass sich die Strassenkapazitäten nach der Nachfrage richten. Und dadurch wollen wir das Staupotenzial reduzieren», sagt Co-Präsident Lucian Schneider.
Die Initiative der Jungen SVP wird einzig von der Mutterpartei unterstützt. Alle anderen Parteien sind dagegen.
Die Forderung nach mehr Strassen ist nicht umsetzbar.
Das Volksbegehren habe einen grossen Haken, sagt beispielsweise Martin Birrer, Kantonsrat der FDP. «Die Forderung nach mehr Strassen ist nicht umsetzbar.» Der Platz fehle – gerade in der Stadt. «Man müsste Häuser abreissen, um weitere Strassen bauen zu können.»
Mit einem Ja zur Initiative kämen zudem immense Kosten auf den Kanton zu. Ein Argument, das Lucian Schneider von der jungen SVP nicht gelten lässt. Stau gehe mit einem grossen volkswirtschaftlichen Schaden einher. «Daher darf der Strassenbau auch etwas kosten.»
Widerwillig präsentiert die Regierung einen Gegenvorschlag
Auf Druck der bürgerlichen Fraktionen im Kantonsparlament hat die Luzerner Regierung einen Gegenvorschlag zur Anti-Stau-Initiative ausgearbeitet. Dieser sieht vor, die Leistungsfähigkeit der Kantonsstrassen zu erhalten. Heisst: Fällt irgendwo eine Strasse weg, müsste andernorts eine neue gebaut werden.
SVP, FDP und Mitte stellen sich hinter den Gegenvorschlag – GLP, SP und Grüne lehnen ihn ab. «Wenn wir mehr Verkehr ermöglichen, werden wir mehr Verkehr ernten», sagt Korintha Bärtsch, Kantonsrätin der Grünen. Um verstopfte Strassen zu vermeiden, müsse man die Mobilität ganzheitlicher betrachten. Es gelte unter anderem, die Menschen zum Umsteigen auf den öffentlichen Verkehr zu bewegen sowie Auto, Bus und Bahn besser zu vernetzen.