Weniger Lärm und mehr Sicherheit vs. besserer Verkehrsfluss; Bundesgerichtsentscheid vs. Initiative: Die Fronten, ob auf Luzerner Kantonsstrassen Tempo 30 oder 50 herrschen soll, sind verhärtet.
Aber der Reihe nach: Im Kanton Luzern fordern derzeit verschiedene Gemeinden und Quartiervereine für ihre Zentren Tempo 30. Einer, der sich im Luzerner Quartier Basel-Bernstrasse dafür einsetzt, ist Stefan Brücker, Co-Präsident des Vereins BaBeL:
«Viele Menschen an der Basel-Bernstrasse sind vom Lärm betroffen und leiden darunter. Ich möchte die Leute sehen, die den Betroffenen ins Gesicht sagen: Mein Tempo 50 ist wichtiger als dein Schlaf und deine Gesundheit.»
Viele Menschen an der Basel-Bernstrasse sind vom Lärm betroffen und leiden darunter.
Die Bernstrasse im Westen der Stadt Luzern gehört zu den meist befahrenen Kantonsstrassen.
Mehrere Gesuche beim Kanton hängig
Seit Jahren wird an der Bernstrasse die Lärmgrenze überschritten, dies zeigen Daten des Kantons Luzern.
Eine Temporeduktion könnte helfen. Wenn Tempo 30 statt Tempo 50 gilt, werden die Lärmemissionen um rund drei Dezibel reduziert, hält das Bundesamt für Umwelt fest. Dies entspreche einer Halbierung des Verkehrslärms.
Trotzdem passiere seit Jahrzehnten nichts, ärgert sich Stefan Brücker.
Ein Bundesgerichtsurteil gibt diesem Anliegen nun neuen Schub. Im Falle einer Lärmsanierung in der Nachbarstadt Kriens befand das Bundesgericht, dass Tempo 30 ein taugliches Instrument sei zum Schutz vor übermässigem Lärm und als mögliche Massnahme geprüft werden müsse.
Mehrere Quartiervereine haben beim Kanton Gesuche für ihre Kantonsstrassen eingereicht.
SVP pocht mit Initiative auf Tempo 50
Dagegen gibt es Widerstand. Fragt man die SVP des Kantons Luzern, ob Tempo 30 Fluch oder Segen ist, dann fällt die Antwort klar aus: Fluch. Der Verkehrsfluss würde beeinträchtigt, die Sicherheit leide, sagt der Luzerner SVP-Nationalrat Franz Grüter.
Die Autofahrerinnen und Lastwagenfahrer wüssten nicht mehr, wo was gelte: «Das ist nicht nur ein Flickenteppich. Das ist schon fast schikanös. Oft wird auch noch ein Radar aufgestellt.» Das wollten die Leute nicht, ist Grüter überzeugt und fügt hinzu: «Wir wollen auf Hauptverkehrsachsen wieder generell Tempo 50.»
Das ist schon fast schikanös. Oft wird auch noch ein Radar aufgestellt.
Die SVP hat deshalb eine kantonale Initiative eingereicht. Diese verlangt, dass innerorts generell Tempo 50 beibehalten und begünstigt werden soll.
Luzerner Regierungsrat steht auf die Bremse
Mitten drin in diesem Konflikt über Sinn und Unsinn einer Tempo-30-Zone: die Luzerner Kantonsregierung. Schon vor dem Zustandekommen der SVP-Initiative wurden im Kantonsparlament verschiedene Vorstösse dazu eingereicht. Deshalb hat der Regierungsrat entschieden, vorerst keine neuen Gesuche für Tempo-30-Zonen zu bewilligen.
Es brauche eine Gesamtbetrachtung, heisst es vom Kanton. Man wolle zuerst auswerten, welche Auswirkungen bisherige Tempo-30-Zonen auf den Verkehrsfluss, auf Ambulanz und Feuerwehr und den öffentlichen Verkehr haben. Solange diese Antworten nicht auf dem Tisch liegen, geht die Regierung bei den Bewilligungen für neue Tempo-30-Zonen vom Gas.
Es kann nicht sein, dass sich der Kanton vor Massnahmen drückt.
Dies begrüsst die SVP. Die Quartiervereine hingegen kritisieren diesen Entscheid scharf. Sie würden von der Regierung hingehalten: «Es kann nicht sein, dass sich der Kanton vor Massnahmen drückt», sagt Stefan Brücker.
Tempo 30 oder Tempo 50 auf Kantonsstrassen: Die Diskussionen gehen weiter - spätestens 2024, wenn die SVP-Initiative voraussichtlich zur Abstimmung kommt.