Anja Meyer, die Stiftungsratspräsidentin des Luzerner Theaters, nimmt kein Blatt vor den Mund: Das Nein zum Projektierungskredit für das neue Theater sei eine «Katastrophe für die Kulturstadt Luzern».
Von einem «grossen Verlust für die Theaterstadt» ist bei Intendantin Ina Karr die Rede. Und schwer enttäuscht zeigt sich auch Stadtpräsident Beat Züsli. «Die Deutlichkeit der Ablehnung hätte ich so nicht erwartet.»
-
Bild 1 von 3. Steht vor einer ungewissen Zukunft: das Luzerner Theater und die damit verbundenen 400 Arbeitsplätze. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
-
Bild 2 von 3. Anja Meyer, Stiftungsratspräsidentin des Luzerner Theaters (links), und Intendantin Ina Karr nahmen am Abstimmungssonntag in der Theaterbox Stellung. Bildquelle: Screenshot SRF.
-
Bild 3 von 3. Stadtpräsident Beat Züsli (rechts) mit Patrick Gmür, Präsident des Preisgerichts, als 2022 das Siegerprojekt für den Neubau bekannt gegeben wurde. Bildquelle: Keystone/Philipp Schmidli.
Ein Nein-Stimmen-Anteil von fast 58 Prozent: Bei den Befürworterinnen und Befürwortern sitzt der Frust tief. Warum hat das Volk die Planung eines Neubaus bereits so früh abgewürgt?
Bei Parteien macht sich Ratlosigkeit breit
Anja Meyer, Stiftungsratspräsidentin des Luzerner Theaters, hätte sich ein grösseres Engagement der Politik gewünscht. Zwar stellte sich das Stadtparlament einhellig hinter den Kredit. Und auch alle grossen Parteien fassten die Ja-Parole. «Aber danach setzte sich von den Politikerinnen und Politikern niemand für uns in der Öffentlichkeit ein.»
Es fehlte das Feuer. Ich habe sehr wenige parteipolitische Aktivitäten beobachtet.
Hat die Politik die Ablehnung mitverschuldet? «Eine richtige Kampagne wäre sicher denkbar gewesen. Vielleicht hat man sich wirklich täuschen lassen vom Fakt, dass der Kredit im Parlament ohne Gegenstimmen gutgeheissen wurde», sagt Regula Müller, Fraktionschefin der Stadtluzerner SP.
Auch Roger Sonderegger, Vize-Fraktionschef der Mitte, räumt ein: Der Abstimmungskampf wurde sehr oberflächlich geführt. «Es fehlte das Feuer. Ich habe sehr wenige parteipolitische Aktivitäten beobachtet.» Woran es harzte, kann sich Sonderegger nicht erklären.
Notsanierung könnte Betrieb für einige Jahre sichern
Die Luzerner Stadtregierung hat während des Abstimmungskampfes stets betont: Einen Plan B gibt es nicht. Und doch braucht es nun Alternativen. Denn die Zeit drängt: Das heutige Theatergebäude weist in puncto Technik und Sicherheit Mängel auf.
Mit Notmassnahmen liesse sich der Betrieb für die nächsten drei bis fünf Jahre gewährleisten. Fünf Millionen Franken will die Stadt dafür einsetzen – der Ball liegt beim Parlament. Für die SP und die Mitte ist der Betrag unbestritten.
-
Bild 1 von 5. Aus einem Wettbewerb ging für den Neubau des Luzerner Theaters das Siegerprojekt «überall» eines Zürcher Architekturbüros hervor. Bildquelle: Visualisierung/zvg/Stadt Luzern.
-
Bild 2 von 5. Die Fassade des heutigen Theaters an der Reuss hätte mit einem modernen Neubau erweitert werden sollen. In diesem waren unter anderem drei Theatersäle und ein Restaurant geplant. Bildquelle: Visualisierung/zvg/Stadt Luzern.
-
Bild 3 von 5. Die Kosten für den Neubau wurden auf rund 130 Millionen Franken geschätzt. Ein Teil des Kapitals hätte eine private Geldgeberschaft beisteuern sollen. Bildquelle: Visualisierung/zvg/Stadt Luzern.
-
Bild 4 von 5. Mit dem Nein zum Projektierungskredit an die Urne kann nun aber kein Bauprojekt ausgearbeitet werden. Bildquelle: Visualisierung/zvg/Stadt Luzern.
-
Bild 5 von 5. Ein Neubau ist damit für die nächsten Jahre vom Tisch. Eine umfassende Sanierung des heutigen Gebäudes würde rund 80 Millionen Franken kosten. Bildquelle: Visualisierung/zvg/Stadt Luzern.
Abgesehen davon mehren sich aus Kultur und Politik Stimmen, die nun eine Auslegeordnung fordern. Die SP will eine «kulturpolitische Grundsatzdiskussion» und hat dafür bereits einen Vorstoss eingereicht.
Für die Mitte sei es klar, dass es «ein neues Luzerner Theater braucht», sagt Roger Sonderegger. Aber Standort und Grösse des Gebäudes müsse man hinterfragen – ebenso die Notwendigkeit eines Drei-Sparten-Hauses. Also ob Luzern weiterhin ein Gebäude für Schauspiel, Tanz und Musiktheater will.
Eine Sanierung würde ein Musiktheater auf dem heutigen Platz verunmöglichen.
Letzteres könnte auf der Kippe stehen. Bereits am Abstimmungssonntag sagte Anja Meyer: «Eine Sanierung des aktuellen Gebäudes würde sicherheitstechnische Auflagen nach sich ziehen, die ein Musiktheater mit Orchestergraben auf dem heutigen Platz verunmöglichen würden.»
Opern oder Musicals gebe es derzeit nur, weil das Theater über entsprechende Ausnahmebewilligungen verfüge. Eine umfassende Renovation würde sich mit rund 80 Millionen Franken zu Buche schlagen.
Stadt plant Nachbefragung
Wie weiter? Diese Frage stellt sich nun nicht zuletzt auch die Luzerner Stadtregierung. Sie will genauer erfahren, was zur Ablehnung geführt hat und plant eine Nachbefragung. Eines sei aber unbestritten, so Stadtpräsident Beat Züsli: «Wenn wir das Theater als Spielstätte erhalten wollen, braucht es gewisse Investitionen.»