Am 9. Februar stimmt die Schweiz über eine einzige eidgenössische Vorlage ab – doch die hat es in sich. Die Umweltverantwortungsinitiative der Jungen Grünen verlangt, dass die Schweiz die planetaren Grenzen einhält: Ab 2035 dürfte sie nur so viele Ressourcen verbrauchen und Schadstoffe freisetzen, sodass die natürlichen Lebensgrundlagen langfristig erhalten bleiben.
Eine Selbstverständlichkeit, findet die Co-Präsidentin der Jungen Grünen, Magdalena Erni: «Wir müssen einsehen, dass unser Wirtschaftssystem den Planeten kaputt macht.» Die Schweiz habe eine globale Verantwortung, die sie wahrnehmen müsse.
Die Gegenseite warnt vor den Folgen der Initiative. Umweltminister Albert Rösti formuliert es in der «Abstimmungs-Arena» so: «Die Initiative würde eine Verarmung bedeuten, die nicht unbedingt der Umwelt zugutekommt.»
Wird die Schweiz bei einem Ja zum Entwicklungsland?
Diese Kritik weist SP-Nationalrat Hasan Candan entschieden zurück: Die Folgekosten von Klima- und Umweltschäden würden die Bevölkerung viel teurer zu stehen kommen als die Initiative. Mitstreiterin Erni betont ausserdem: «Es ist nie günstiger, Klimaschutz zu machen, als jetzt.» FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher hat allerdings Bedenken, dass die «radikale Initiative» den Wirtschaftsstandort Schweiz massiv schwächen würde, was die Bevölkerung wiederum teuer zu stehen käme, so die St. Gallerin.
Die Initiative lässt offen, mit welchen Massnahmen die planetaren Grenzen eingehalten werden sollen. Mögliche Ansätze sieht Erni etwa beim schnelleren Zubau von Solaranlagen oder bei der Streichung von klimaschädigenden Subventionen, beispielsweise für die Fleischindustrie. Zudem betont das Pro-Lager, dass die Massnahmen sozialverträglich sein müssen und allfällige Kosten nicht auf finanziell Schwächere abgewälzt würden. Für Vincenz-Stauffacher sind das leere Versprechungen: «Ich weiss wirklich nicht, wie man die Initiative sozialverträglich umsetzen könnte.»
«Es ist schon Viertel nach zwölf im Klimabereich»
Gemäss einer Studie im Auftrag des Bundes müsste der Konsum in der Schweiz innert zehn Jahren um rund zwei Drittel reduziert werden. Für Bundesrat Rösti schlicht utopisch, für Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey zurecht ein ambitioniertes Ziel, denn Klimaschutz sei keine Verhandlungsfrage: «Wir können mit der Natur keine Frist verhandeln.»
Dass die Zeit davonrennt, verkennt auch GLP-Nationalrat Martin Bäumle nicht: «Es ist schon Viertel nach zwölf im Klimabereich.» Das Problem sei aber die Umsetzung, denn die Initiative «würgt die Wirtschaft ab», die es erst ermöglichen würde, klimaneutral zu werden. Zudem betonen die Gegnerinnen und Gegner mehrfach, die Schweiz habe das Netto-Null-Ziel bis 2050 mit dem Ja zum Klimaschutzgesetz bereits verankert.
Unternehmer Andrey ist keineswegs der Meinung, dass ein Ja zur Umweltverantwortungsinitiative die Wirtschaft «ausbremsen» würde, denn diese sei divers und es gebe durchaus Unternehmen, die die Initiative unterstützten. Der Freiburger betont: «Eine Wirtschaft der Zukunft bedeutet nicht, dass es keinen Konsum geben wird.»
Über die Ausgangslage ist man sich im «Arena»-Studio einig: Die Schweiz muss sorgfältig umgehen mit dem Planeten. Nur, mit welchen Massnahmen und in welchem Tempo dieses Ziel erreicht werden soll, wird wohl hochumstritten bleiben.