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Klares Nein in SRG-Umfrage Umweltverantwortungsinitiative steht schwerer Urnengang bevor

  • Am 9. Februar kommt die Umweltverantwortungsinitiative der Jungen Grünen zur Abstimmung.
  • In der zweiten SRG-Umfrage lehnen 61 Prozent der Befragten die Initiative ab, 37 Prozent sind dafür.
  • Die Vorlage dürfte mit grosser Wahrscheinlichkeit abgelehnt werden. Ausschlaggebend ist die Angst vor den wirtschaftlichen Kosten der Initiative.

Manchmal kommt es anders, als man denkt. Mit Betonung auf «manchmal». Bei der Umweltverantwortungsinitiative läuft nämlich alles so, wie man es von Volksinitiativen kennt: Während des Abstimmungskampfs rücken ihre vermeintlichen Schwächen in den Fokus, und das Nein baut sich auf.

Genau dieser Effekt ist nun eingetreten. Lehnte kurz vor Weihnachten noch eine relative Mehrheit von 49 Prozent der Befragten die Initiative ab, sind es in der zweiten SRG-Umfrage 61 Prozent. Damit stehen die Chancen auf einen Coup an der Urne schlecht.

Das will die Umweltverantwortungsinitiative

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Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
Legende: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Die Schweiz darf nur so viele natürliche Ressourcen nutzen und Schadstoffe freisetzen, dass die Lebensgrundlagen der Menschheit nicht gefährdet werden. Heute wären laut Bundesamt für Umwelt (Bafu) drei Erden nötig, wenn alle so leben würden wie die Schweizer Bevölkerung.

Als Massstab dienen die sogenannten «planetaren Grenzen». Das Konzept einer Forschungsgruppe rund um den schwedischen Forscher Johan Rockström umfasst verschiedene Bereiche. Namentlich gelten soll die Bestimmung in der Schweiz für die Bereiche Klimaveränderung, Biodiversitätsverlust, Wasserverbrauch, Bodennutzung sowie Stickstoff- und Phosphoreinträge.

Innerhalb von zehn Jahren nach Annahme der Initiative müsste diese Vorgabe eingehalten sein. Um das zu erreichen, bräuchte es einen grundlegenden Wandel in der Wirtschaft und der Gesellschaft. Dieser Wandel soll gemäss Initiative sozialverträglich sein.

Das Verdikt des Forschungsinstituts GFS Bern, das die Umfrage im Auftrag der SRG SSR durchführte: Es gibt einen «grundsätzlichen Abwehrreflex» gegen die Initiative der Jungen Grünen. «Sie ist bereits aus der Defensive gestartet», sagt Politologin Martina Mousson. Die arg bröckelnde Zustimmung sei «ein fatales Zeichen».

86 Prozent der Befragten rechnen denn auch damit, dass die Vorlage an der Urne scheitert. Auch für Mousson weisen «alle Indikatoren konsistent Richtung Nein».

Mangelnde Strahlkraft

Das Anliegen geniesst zwar starke Rückendeckung im links-grünen Lager – ein vertrautes Bild bei Umweltinitiativen. «Ausserhalb ihres eigenen parteipolitischen Umfelds kann die Vorlage aber nicht ausreichend überzeugen», schätzt die Politologin.

Bereits bei der Grünliberalen Partei herrscht Uneinigkeit. Die Parteiführung hat die Nein-Parole herausgegeben, die Basis liegt (noch) im Ja. Diese Spaltung ist schon im Parteinamen angelegt: Die einen werten das grüne Element höher als das liberale – und umgekehrt.

Bei den bürgerlichen Parteien gewinnt die Initiative keinen Blumentopf. Bei der FDP und SVP lehnen sie über 90 Prozent der Stimmberechtigten ab.

Problem erkannt, Lösung verfehlt

Das Nein kommt wuchtig daher, trotzdem sind viele Menschen dem Grundanliegen der Initiative freundlich gesinnt. «Mit der Idee einverstanden zu sein, heisst aber noch lange nicht, dass man die Lösung auch mitträgt», sagt Mousson.

Immerhin finden 60 Prozent der Befragten, dass es einen schonenderen Umgang mit den natürlichen Ressourcen braucht. 57 Prozent sind der Ansicht, dass die Schweiz Verantwortung für die ökologischen Schäden übernehmen soll, die sie im Ausland verursacht.

Es herrscht das Gefühl vor, dass eine Umsetzung der Initiative nur mit höheren Preisen und Lebenshaltungskosten möglich ist.
Autor: Martina Mousson Politologin GFS Bern

Aber: Über zwei Drittel der Befragten befürchten, dass eine Annahme der Initiative fatale Folgen für den Wirtschaftsstandort Schweiz hätte. Vielen geht die Vorlage schlicht zu weit.

«Es herrscht das Gefühl vor, dass eine Umsetzung nur mit höheren Preisen und Lebenshaltungskosten möglich ist. Das steht im Widerspruch zur geforderten Sozialverträglichkeit der Initiative», erklärt Mousson.

Koexistenz von Ökologie und Ökonomie

Bemerkenswert: Wer weniger verdient, hat grössere Sympathien für die Initiative. Stimmberechtigte aus Haushalten mit den tiefsten Einkommen sind derzeit sogar im Ja. Laut GFS Bern stossen die Pro-Argumente hier noch auf mehr Gehör. Allerdings hat auch bei dieser Einkommensgruppe ein Nein-Trend eingesetzt.

Bei den Frauen ist die mehrheitliche Unterstützung bereits weggebrochen – obwohl sie traditionell eine grössere Sensibilität für Umweltthemen zeigen als Männer. Mousson wertet auch dies als Hinweis, dass die Initiative zu wenig Strahlkraft hat.

Ihr Fazit: «Ökologie ist gewünscht und breit akzeptiert in der Bevölkerung. Daneben muss aber auch Ökonomie möglich sein.»

Die Eckwerte der Umfrage

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Die Umfrage zur Abstimmung vom 9. Februar 2025 ist im Auftrag der SRG SSR vom Forschungsinstitut GFS Bern zwischen dem 5. und 23. Januar 2025 durchgeführt worden. Insgesamt wurden die Antworten von 15’996 Stimmberechtigten für die Auswertung berücksichtigt.

Befragungsarten: telefonisch, online und via Social Media

Telefonisch befragt wurden Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Die Interviews wurden per Festnetz und Handy durchgeführt. Diese Stichprobe ist sprachregional gewichtet und repräsentativ für die Schweizer Stimmberechtigten.

Zusätzlich wurden Personen online befragt. Die Teilnehmenden wurden dazu über die Webportale der SRG rekrutiert.Da sich die Teilnehmenden der Umfrage selber rekrutieren (sogenanntes Opt-in-Verfahren), ist die Zusammensetzung der Stichprobe nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit. So nehmen zum Beispiel typischerweise mehr Männer als Frauen an politischen Umfragen teil.

Die Daten werden aber mittels Gewichtungen an die realen Verhältnisse der Stimmberechtigten angenähert. Es werden dabei räumliche (Wohnort), soziodemografische (Alter oder Geschlecht) und politische Gewichtungsfaktoren eingesetzt. Durch diese Gewichtung wird die Repräsentativität der Stichprobe optimiert. Ziel ist, die Stichprobengrösse in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz zu erhöhen.

Weitere Personen wurden über Social-Media-Kanäle befragt. Rekrutiert wurden diese Befragten über Social Media Ads vom Unternehmen Boomerang Ideas. Die über KI generierten Ads werden gezielt auf verschiedenen Plattformen für Personen mit unterschiedlichem Alter, aus verschiedenen Regionen und mit beiden Geschlechtern ausgespielt. Befragt wurden einzig die Stimmabsichten zur Vorlage, keine Argumente.

Weitere Informationen zur Methode

Umfragen sind Momentaufnahmen

Der statistische Fehler beträgt gemäss GFS Bern +/-2.8 Prozentpunkte. Bei einem Ergebnis von 50 Prozent liegt der effektive Wert mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen 47.2 und 52.8 Prozent. Dabei sind kleinere Abweichungen wahrscheinlicher, grössere unwahrscheinlicher.

Das Forschungsinstitut GFS Bern führte zwei Umfragen zur Abstimmung vom 9. Februar 2025 durch. Die Autoren der Studie betonen, die Ergebnisse seien kein vorweggenommenes Abstimmungsergebnis, sondern eine Momentaufnahme zur Zeit der Befragung. Aussagen über den Trend in der Meinungsbildung können allenfalls bei der zweiten Umfrage, welche vor der Schlussmobilisierung durchgeführt wird, gemacht werden.

Den gesamten Bericht zur SRG-Umfrage finden Sie auf der Seite von GFS Bern.

Abstimmung vom 9. Februar 2025

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Hier finden Sie News und Hintergründe zur nationalen Vorlage und den Abstimmungen und Wahlen in den Regionen am 9. Februar 2025.

Übersicht Abstimmungen

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Urnengänge in den Regionen

Heute Morgen, 29.01.2025, 6:00 Uhr

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