- Die Stimmbevölkerung hat gestern zweimal Nein zu grundlegenden Reformen im Gesundheitswesen gesagt.
- Das Volk lehnt die Kostenbremse-Initiative ab und sagt Nein zu mehr Prämienverbilligungen.
- Jetzt kommen die Gegenvorschläge zum Zug.
Der Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative will, dass Politik und Gesundheitswesen Kostenziele definieren und begründen, wenn sie diese nicht einhalten. Das sei ein Schritt in die richtige Richtung, sagt der Gesundheitsökonom Heinz Locher, allerdings ein sehr bescheidener.
38 Ideen für kostendämpfende Massnahmen
Locher ist Teil der Expertengruppe, die für den Bund Vorschläge für kostendämpfende Massnahmen im Gesundheitsbereich ausgearbeitet hat. 38 Ideen hätten sie den Politikerinnen und Politikern präsentiert, geblieben sei davon ein Bruchteil. «Ich glaube, die Brisanz der Problematik wurde noch gar nicht erkannt. Und dort, wo sie erkannt wurde, ist man immer noch nicht bereit, etwas zu ändern», warnt Locher.
Es kommen 19 Jahrgänge Babyboomer à 80'000. Und das wird nicht nur personell, sondern auch finanziell Konsequenzen haben. Es ist ein Milliardenaufwand, der kommt
Beispielsweise gebe der jetzige Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative zwar erstmals ein Kostenziel im Gesundheitswesen vor, doch sei dieses Kostenziel nicht wirklich verpflichtend. Die Pendenzen im Gesundheitsbereich stapeln sich immer höher, darunter Themen wie Digitalisierung, Spitalfinanzierung oder Tarife.
Eine Pendenz, die gerne vergessen gehe, sei die Demografie. In zwei Jahren werden die ersten Babyboomer 80 Jahre alt. Locher rechnet vor: «Es kommen 19 Jahrgänge Babyboomer à 80'000. Und das wird nicht nur personell, sondern auch finanziell Konsequenzen haben. Es ist ein Milliardenaufwand, der kommt.»
Ziel sei es, die Babyboomer gesund zu erhalten
Es brauche neue, flexiblere Betreuungsstrukturen, die den Fokus auf Eigenständigkeit legten, so Locher. «Es muss gelingen, diese Babyboomer so gesund zu erhalten, dass sie nicht das Gesundheitswesen fluten. Und darüber spricht man nicht.» Wichtig sei jetzt eine ehrliche Diskussion. Man müsse der Bevölkerung reinen Wein einschenken und aufzeigen, was die Schweiz im Gesundheitsbereich erwarte, fordert der Gesundheitsökonom.
Es muss gelingen, diese Babyboomer so gesund zu erhalten, dass sie nicht das Gesundheitswesen fluten. Und darüber spricht man nicht.
Die Krise, die wir heute sehen, sei nur ein Vorläufer einer viel grösseren Krise. Alle politischen Parteien müssten jetzt aufeinander zugehen und Kompromisse finden, sagt Locher. Der beschlossene Gegenvorschlag sei ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings ein Minischritt. Und noch ist nicht einmal klar, ob er tatsächlich auch kommt. Die Frist für ein Referendum ist erst angelaufen.