Die Genfer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Pierre Maudet wegen Vorteilsnahme. Zurücktreten will der Genfer Staatsrat nicht. Das muss er auch nicht, denn die Genfer Kantonalpartei hat ihm knapp das Vertrauen ausgesprochen. Zurück tritt nun aber der Präsident der Genfer FDP, Alexandre de Senarclens. Welche Auswirkungen die Affäre auf die nationale FDP hat, beleuchtet der Politologe Georg Lutz.
SRF News: Wird der Fall Maudet für die FDP Schweiz zum Problem?
Georg Lutz: Pierre Maudet ist schon seit langem eine Belastung für die Partei. Er hat für viele negative Schlagzeilen gesorgt. Es ist auch keine Ruhe eingekehrt, immer neue Geschichten sind ans Tageslicht gekommen. Die Situation ist gestern noch komplizierter geworden; die Genfer Partei ist nun tief gespalten. Eine knappe Mehrheit hat sich hinter Maudet gestellt. Das wird die FDP Schweiz nicht erfreut haben.
Maudet sagte an die Adresse von FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi, sie müsse damit leben, dass die Basis ihm vertraue. Ist damit das letzte Wort gesprochen?
Der nationalen Partei sind die Hände gebunden. Sie kann nicht viel machen. Sie musste darauf zählen, dass die Genfer Kantonalpartei reagiert. Das hat die Parteileitung in Genf gemacht, nun ist ihr die Basis mit einer knappen Mehrheit nicht gefolgt. Nur Maudet kann sich aus der Genfer Regierung zurückziehen. Niemand kann ihn dazu zwingen. Die nationale Partei kann ihn nur zur Persona non grata erklären. Viel mehr liegt nicht drin.
Die Geschichte hat in der ganzen Schweiz grosses Interesse ausgelöst, nicht zuletzt, weil Maudet Bundesratskandidat war und deshalb nationale Bekanntheit erreichte.
Wird Maudet für die FDP bei den nationalen Wahlen zur Hypothek?
Die Partei ist gut gestartet, sie hat in vielen Kantonen zugelegt. Diesen Schwung wollte sie in die nationalen Wahlen mitnehmen. Das ist wegen der vielen Negativschlagzeilen nicht mehr möglich. Es tauchten immer neue Aspekte auf und das wird die Partei alles andere als erfreuen. Sie möchte diese Geschichte möglichst schnell vom Tisch haben.
Ist es ein nationales Problem oder ist es noch ein regionales Problem, das vor allem die FDP in den Westschweizer Kantonen beschäftigt?
Es ist beides. Die Auswirkungen sind in der ganzen Schweiz spürbar. Diese Geschichte hat in der ganzen Schweiz grosses Interesse ausgelöst, nicht zuletzt, weil Maudet Bundesratskandidat war und deshalb nationale Bekanntheit erreichte. Es ist in der Romandie schon noch etwas ein grösseres Problem für die Partei. Dazu kommt, dass die Genfer Partei nun gespalten ist. Sie muss nun auch eine neue Präsidentin oder einen neuen Präsidenten suchen. Das sind alles andere als tolle Voraussetzungen, um gestärkt in diese nationalen Wahlen zu gehen.
Die FDP wird versuchen, mit anderen Themen und mit anderen Personen in Erscheinung zu treten.
Welche Reaktion erwarten Sie von der Parteileitung?
Die Partei wird sich wahrscheinlich noch einmal distanzieren. Sie kann diesbezüglich keine 180 Grad Kehrtwendung machen. Sie wird versuchen, mit anderen Themen und mit anderen Personen in Erscheinung zu treten.
Das Gespräch führte Roger Aebli.