Die Asylzahlen sind bereits im Sommer und Spätsommer laufend gestiegen. Am letzten Wochenende aber reisten noch einmal deutlich mehr Asylsuchende in die Schweiz ein. Mit Abstand am meisten Asylsuchende reisen über die Ostgrenzen ein.
Jörg Köhler, Leiter des St. Galler Amts für Militär und Zivilschutz, bestätigt: «Die Flüchtlingssituation hat sich dahingehend entwickelt, dass wir Spitzen mit doppeltem Anlauf von Flüchtlingen zu bewältigen hatten.»
Schub übers Wochenende
In den letzten Tagen kam es offenbar zu einem Schub: Laut einer zuverlässigen Quelle trafen übers Wochenende – verteilt auf vier Tage – rund 1400 Asylsuchende in der Schweiz ein. Heruntergerechnet auf einen Tagesdurchschnitt sind das doppelt so viele wie noch im Monat September, für den die aktuellsten offiziellen Zahlen vorliegen. Das Staatssekretariat für Migration will sich zur neuesten Entwicklung nicht äussern. Man kommentiere keine kurzfristigen Entwicklungen.
Es sind hauptsächlich Menschen aus Afghanistan, die zur starken Zunahme der letzten Tage geführt haben. Viele von ihnen waren offenbar zunächst über die Balkanroute nach Deutschland gereist, ziehen jetzt aber weiter in die Schweiz.
Köhler vom St. Galler Amt für Militär und Zivilschutz begründet: «Möglicherweise hat sich die Situation für Flüchtlinge afghanischer Staatsangehörigkeit in Deutschland anders entwickelt als vorgestellt. Jetzt suchen sie in der Schweiz Asyl.» Bis vor Kurzem zogen nur einzelne Asylsuchende von Deutschland weiter in die Schweiz. Nun scheint sich dieses Phänomen auszuweiten – vor allem bei Menschen aus Afghanistan.
Gesteigerte Nervosität bei Behörden
Wegen der hohen Zahlen hat der Bund in der Ostschweiz temporäre Unterkünfte eingerichtet. Dort warten Neuankömmlinge auf ihre Registrierung. Das Staatssekretariat für Migration hat die Kapazitäten des Bundes kurzfristig noch einmal erhöht.
Die starke Zunahme der letzten Tage sorgt bei den Behörden für Nervosität. Heute Nachmittag trafen sich Vertreter von Bund und Kantonen zu ihrer ordentlichen Lagebesprechung. Demnächst werden Bund und Kantone entscheiden, ob der Bundesrat das Notfallkonzept Asyl aktivieren und als Führungsinstrument einen Sonderstab Asyl einsetzen soll.