Am 19. Mai stimmen wir über die Steuer- und AHV-Reform ab. Das Parlament konnte sich auf einen Kompromiss einigen. Die SVP bekämpfte die Vorlage im Parlament, hat nun aber Stimmfreigabe beschlossen. Zum Missfallen des ehemaligen SVP-Nationalrats und Sozialpolitikers Toni Bortoluzzi.
Um markige Worte war Bortoluzzi nie verlegen. Und so macht der SVP-Politiker aus dem Zürcher Säuliamt deutlich, was er vom Steuer- und AHV-Paket hält: «Es ist kein sachgerechter Kompromiss. Es ist ein beispielloser politischer Murks.»
Ein ungleiches Paar
Zwei sachfremde Themen seien hier in einem Paket zusammengeschnürt worden, bemängelt Bortoluzzi, der viele Jahre lang der führende Sozialpolitiker der SVP im Nationalrat war.
Inhaltlich stört er sich vor allem am AHV-Teil des Pakets. Anstatt eine richtige Reform anzupacken, zum Beispiel mit einem höheren Rentenalter, werde der AHV einfach eine Geldspritze verabreicht. Das sei aber nicht nachhaltig: «Nach einer solchen Pflästerlipolitik wird es künftig schwieriger, vernünftige und ausgewogene Lösungen für die Sozialversicherungen zu finden.»
Man hat sich nicht festlegen können – das spricht nicht unbedingt für die Stärke meiner Partei.
Die Befürworter der Unternehmenssteuer- und AHV-Reform sehen das anders. Sie argumentieren, mit dieser Vorlage komme man endlich bei zwei wichtigen Dossiers einen Schritt weiter. Gerade bei der AHV herrsche seit 20 Jahren ein Reformstillstand.
Und wenn dank dieser Vorlage jährlich zwei Milliarden Franken mehr in die AHV fliessen, könne das die Finanzprobleme bei der AHV wenigstens etwas lindern. FDP, CVP und SP stehen hinter dem Kompromiss.
Die SVP hatte im Parlament die Vorlage bekämpft, hat sich jetzt aber für Stimmfreigabe entschieden. Sehr zum Missfallen von Toni Bortoluzzi: «Das ist enttäuschend. Man hat sich nicht festlegen können – das spricht nicht unbedingt für die Stärke meiner Partei. Ich hoffe, sie findet dann gelegentlich zu dieser alten Stärke zurück.»
SVP-Exekutivpolitiker für Vorlage
Dass es die SVP – trotz ihrer kritischen Haltung – bei einer Stimmfreigabe beliess, dürfte sicher damit zusammenhängen, dass SVP-Bundesrat Ueli Maurer wie auch verschiedene kantonale SVP-Finanzdirektoren für die Vorlage weibeln.
Dafür kämpfen an Bortoluzzis Seite die bürgerlichen Jungparteien gegen das Steuer- und AHV-Paket. Junge SVP, einzelne Jungfreisinnige, Junge Grünliberale und Junge BDP haben sich in zwei verschiedenen Komitees organisiert, um die Vorlage zu bekämpfen.
Müssen die Jungen die Zeche zahlen?
Der junge Grünliberale Tobias Vögeli, der auch in der Gemeindeexekutive im bernischen Frauenkappelen politisiert, befürchtet, dass gerade bei der AHV einmal mehr die Jungen die Zeche bezahlen müssten: «Wir müssen überdurchschnittlich viel an die AHV leisten, ohne dass ein Loch geflickt würde und garantiert wäre, dass wir jemals eine AHV-Rente erhalten werden.»
Und seine Parteikollegin Viviane Kägi fordert: Nach einem allfälligen Nein am 19. Mai müsse die Politik die Unternehmenssteuer und die AHV wieder separat behandeln: «Es wäre wohl der erste Schritt, dass man die Steuervorlage 17 dem Volk noch einmal vorlegt und die AHV richtig saniert – mit strukturellen und inhaltlichen Reformen.»
Allerdings dürfte der Streit auch nach einem Nein zur Steuer- und AHV-Vorlage weitergehen. Denn offen bliebe die Frage, ob es eher ein bürgerliches Nein oder ein links-grünes Nein war.