Bei diesem Projekt geht es primär nicht darum, zu erfahren, woher die Nahrungsmittel kommen. Es geht darum, dass Kinder lernen, im Team zusammenzuarbeiten und Verantwortung zu übernehmen.
Der Unterricht auf dem Bauernhof zielt auf Kinder mit Migrationshintergrund. Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Klassen bilden für einen Tag pro Woche eine Bauernhofklasse. Sie lernen, wie sie eine Arbeit zu Ende führen. Das soll ihnen auch im Klassenzimmer helfen.
Ausmisten macht nicht immer Spass
Einmal pro Woche hat eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern aus Dietikon (ZH) auf dem Bauernhof in Rietheim (AG) Unterricht. Keines der unterschiedlich alten Kinder hat Deutsch als Muttersprache.
«Die Kinder lernen vor allem Sozialkompetenz und persönliche Kompetenzen», sagt Tobias Holliger, Heilpädagoge an der Schule Dietikon. «Man muss auch mal eine Arbeit machen, die einem nicht so gefällt. Der Hühnerstall muss gemistet werden, auch wenn es regnet, kalt ist und stinkt.»
Holliger hat seine Masterarbeit zum Projekt geschrieben und es zusammen mit Berufskollegin Franziska Schneider ins Leben gerufen. Es befindet sich im zweiten Jahr.
Den Schülern gefällt die Abwechslung an diesem Dezembertag auf dem Hof in Rietheim. «Ich finde es cool, und die Hühner haben Freude», sagt einer der Schüler auf dem Aargauer Bauernhof, der gerade mit Ausmisten beschäftigt ist.
Gewisse Kinder kommen beim Mithelfen auf dem Betrieb an ihre körperlichen Grenzen. Ein Mädchen hat Mühe, länger in gebückter Haltung die Hufe eines Pferdes zu reinigen. «Es sind meist Kinder in dieser Gruppe, die Mühe haben, etwas zu Ende zu bringen», sagt Franziska Schneider, Heilpädagogin an der Schule Dietikon.
Die Erfahrungen auf dem Hof würden helfen. Die Kinder übernehmen mit dem Pflegen eines Tiers Verantwortung. Nach dem Striegeln und dem Reinigen der Pferdehufe folgt in diesem Fall das Reiten.
Der übliche Schulunterricht wird zum Teil in den Bauernhoftag integriert. Aufgaben auf dem Papier draussen lösen, beim Abwägen der Zutaten fürs Mittagessen Gramm in Kilogramm umrechnen – der Lehrplan käme nicht zu kurz, sagt Heilpädagoge Tobias Holliger. Im Gegenteil: «Sie lernen auf dem Bauernhof viel dazu, das ihnen das Lernen auch im Klassenzimmer erleichtert.»
Mit allen Sinnen lernen
Die Schule Dietikon ist zufrieden mit dem kantonsübergreifenden Projekt und denkt bereits an eine zweite Bauernhofklasse. Auch an der interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) wird das Projekt mit dem alternativen Lernort gelobt.
Ariane Bühler, Dozentin an der HfH, sagt: «Diese Erlebnisse bieten die Möglichkeit, dass sich die Kinder auf Themen und Inhalte einlassen können. Sie erleben die Situation mit allen Sinnen, sie können aktiv sein, sie können handlungsbezogen Aufgabestellungen bewältigen.»
Franziska Schneider selbst ist auf besagtem Bauernhof aufgewachsen und zufrieden mit dem Projekt. «Ich sehe, wie schnell die Kinder handeln und wie viel Spass es ihnen macht.» Sie würde, wenn sie könnte, nur noch so unterrichten, sagt sie lächelnd.